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Archiv-Artikel

Bochum droht Schulstreik

Eine erkrankte Lehrerin stürzte eine Wattenscheider Grundschule ins Chaos. Eltern erwägen Schulstreik

BOCHUM taz ■ Eigentlich hat die Wattenscheider Regenbogengrundschule in Bochum einen hervorragenden Ruf: Gerade mal 20 Schülerinnen und Schüler sitzen zusammen in einer Klasse – für eine städtische Ruhrgebietsgrundschule nahezu einmalig.

Trotzdem beschäftigt sich inzwischen sogar der Petitionsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags mit der Regenbogengrundschule. Denn bei der Einrichtung der traumhaft kleinen Klassen ist Schulleiter Paul Wiezoreck ein großes Risiko eingegangen. Das „Geld statt Stellen“-Angebot des Landes hatte er bereits voll ausgeschöpft, ohne dass es einen Krankheits- oder Mutterschaftsfall im Kollegium gab. Alle Kolleginnen und Kollegen haben eine eigene Schulklasse übernommen. Mit dem Ergebnis, dass mit einem einzigen Krankheitsfall das gesamte System zusammenkrachte.

„Was unseren Kinder da angetan wird, ist wirklich beispiellos“, sagt Alexander Frese. Seine Tochter besucht die dritte Klasse der Wattenscheider Grundschule – den Jahrgang, in dem die paradiesischen Zustände ein jähes Ende fanden. Eine Klassenlehrerin erkrankte schwer, Vertretungsunterricht konnte wegen der Personallage kaum gewährleistet werden. „Die Klasse muss aufgelöst und die Schülerinnen und Schüler auf die anderen Klasse verteilt werden“, teilte der Schulleiter den Eltern mit. Die waren natürlich entsetzt. „So kurz vor dem Übergang in die weiterführende Schule einen Klassenverband zu zerstören, ist ganz schön heftig“, sagt Alexander Frese. „Aber alle Eltern waren bereit, nach einer einvernehmlichen Lösung zu suchen.“

Diese Bereitschaft nutzte den Eltern wenig. Denn eines Montags standen sie vor vollendeten Tatsachen: Die Klassen wurden umverteilt – allerdings ganz anders als ursprünglich geplant. Aufgelöst wurde nicht die Klasse der erkrankten Lehrerin, sondern die eines anderen Lehrers. Der wird im Sommer pensioniert. Bis dahin wird er Klassenlehrer einer der neu zusammengesetzten Klasse. Die soll dann nach seiner Pensionierung wiederum von der wieder genesenden Lehrerin übernommen werden. „Durch diese permanenten Lehrerwechsel werden die Kinder im Stoff weit zurückbleiben“, fürchtet Alexander Frese. Vor allem ärgert ihn die „mangelhafte Informationspolitik“ der Schulleitung. „Man hat uns damit überfahren, damit sich niemand dagegen wehrt.“

Schulleiter Paul Wiezoreck bestreitet das. „Wir haben ganz kurzfristig von der Pensionierung erfahren“, sagt er. „Sonst hätten wir uns natürlich mit den Eltern zusammengesetzt.“

Die haben sich inzwischen an die Stadt Bochum und an den Petitionsausschuss des Landtags gewandt, einige erwägen sogar einen Schulstreik. „So etwas darf in Zukunft nicht mehr passieren“, sagt Alexander Frese.

MIRIAM BUNJES