Evi lächelt wieder

Deutschlands Langlauf-Liebling Evi Sachenbacher ist diesen Winter noch nicht so richtig in Schwung gekommen

OBERSTDORF taz ■ Am Sonntagnachmittag sah man die Skilangläuferin Evi Sachenbacher wieder so, wie man sie kennt und lieb gewonnen hat seit ihrem Staffel-Olympiasieg vor zwei Jahren in Salt Lake City: fröhlich lächelnd. Da hatte die 23 Jahre alte Athletin aus Reit im Winkl gerade mit der Kollegin Claudia Künzel, 26, aus Oberwiesenthal den zweiten Platz im Teamsprint beim Weltcup in Oberstdorf belegt, hinter Marit Björgen und Hilde Pedersen aus Norwegen. Es war Sachenbachers beste Platzierung in diesem Winter, und ganz offensichtlich fühlte sie sich rehabilitiert für die Schmach, die sie noch am Samstag erlitten hatte. Bei der Doppelverfolgung über 15 Kilometer hatte sie nämlich frühzeitig aufgegeben, erstmals überhaupt in ihrer jungen Karriere, und das auch noch bei der einzigen Vorstellung dieses Winters vor heimischem Publikum. „Die langen Strecken gehen einfach nicht im Moment“, hatte sie traurig erklärt, und weil auf der 3,75-Kilometer-Runde in Oberstdorf auch noch zwei steile Anstiege im Weg standen, hatte sie ihre Kraft lieber gespart. „Aber das ist schon nicht mehr in meinem Kopf drin“, versicherte sie am Sonntag munter.

Im Kopf hat sie jetzt den City-Sprint über 1,2 Kilometer am Donnerstag in Stockholm. Die Kurzstrecke ist ja sowieso ihre Stärke, wie sie mit ihrer olympischen Silbermedaille in dieser Disziplin bewiesen hat. „Da habe ich schon im Training gemerkt, dass es wieder gut geht“, berichtete sie nun. Bundestrainer Jochen Behle bestätigt diesen Eindruck: „Auf der kurzen Distanz ist sie schon wieder stabil und stark. Da hat sie sich gut präsentiert.“

Weitaus besser jedenfalls als tags zuvor über 15 Kilometer. Behle war jedoch bemüht, Sachenbachers Ausstieg aus dem Rennen nicht zu dramatisieren. Er gab zwar zu, ein wenig enttäuscht zu sein: „Ich hätte gedacht, dass sie sich durchkämpft“ auf der zugegebenermaßen schwierigen Strecke. Aber im Grunde mache er sich keine Sorgen um Deutschlands Langlaufliebling. „Ich weiß ja, was sie kann“, sagte er und auch, dass er wisse, welche Ursache ihre kleine Formkrise momentan habe: „Es ist ein Zwischenjahr ohne große Meisterschaft, da hat sie vielleicht gedacht, dass sie mehr Werbetermine wahrnehmen kann, und den Kopf nicht so frei gehabt für das Training.“ Behle ließ jedenfalls anklingen, dass die Athletin das Trainingssoll nicht erfüllt habe, und kündigte an: „Wir werden auf ihr Umfeld zugehen.“

Mit dieser Äußerung löste er freilich Irritationen bei Evi Sachenbacher aus. „Das sehe ich anders“, widersprach sie dem Bundestrainer: „Ich habe viel weniger Termine gemacht als im letzten Jahr.“ Die fehlende Form führt sie auf eine langwierige Grippe zu Saisonbeginn zurück. „Davor ist es brutal gut gegangen“, resümierte sie, „aber das wirft einen zurück, und dann kommt der Druck dazu, weil ja jeder viel von einem erwartet.“ Auch sie selbst. „Sie läuft Ergebnissen hinterher, die sie nicht realisieren kann“, hat auch Behle beobachtet. Ihre Resultate seien zwar nicht schlecht gewesen in diesem Winter, „aber es waren halt nicht die Rennen, die sie letztes Jahr gehabt hat“.

Evi Sachenbacher gab sich immerhin lernwillig, nämlich „eine Pause zu machen, wenn man mal angeschlagen ist, und Krankheiten auszukurieren“. Das hat sie in dieser Saison versäumt: „Ich war übermotiviert“, nennt sie den Grund hierfür. Zumindest in dieser Bewertung stimmen Trainer und Athletin also überein, zu den verbleibenden Differenzen sagte Behle: „Wir müssen einen Konsens finden, wenn die Saison vorbei ist.“ Immerhin glaubt er nicht, dass es zu einem dauerhaften Konflikt kommen wird: „Mit Evis Managerin kann man reden, die will ja auch, dass sie Erfolg hat.“

Nächstes Jahr sei der wichtig, sagte Evi Sachenbacher, da finden in Oberstdorf die nordischen Ski-Weltmeisterschaften statt, und so wie es aussieht, wird die anspruchsvolle Strecke wohl noch ein wenig entschärft werden. Wenn es nach Jochen Behle geht, fällt der erste Anstieg weg, dafür wird der Zielsprint verlängert – Änderungen, die Evi Sachenbacher durchaus entgegenkommen. Sie gibt sich auch trotz der verpatzten Generalprobe schon mal optimistisch für 2005: „Nach jedem Tal geht es meistens wieder nach oben.“

JOACHIM MÖLTER