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Archiv-Artikel

Türkei gibt Merkel einen Korb

Der türkische Ministerpräsident Erdogan lehnt „privilegierte EU-Partnerschaft“ ab, die Angela Merkel der Türkei vorgeschlagen hat. Ankara will die EU-Mitgliedschaft

ANKARA afp/ap/dpa ■ Mit ihrer Forderung nach einer „privilegierten Partnerschaft“ zwischen der EU und der Türkei ist die CDU-Chefin Angela Merkel schon am ersten Tag ihres Türkeibesuchs auf Ablehnung gestoßen. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat dem Konzept der Union eine schroffe Absage erteilt: Nach einer gut einstündigen Unterredung mit CDU-Chefin Angela Merkel sagte er am Montag in Ankara, ein solcher Vorschlag habe mit den Kopenhagener Beitrittskriterien nichts zu tun. Er sei bislang nicht in der Diskussion gewesen, „und deshalb werden wir ihn auch nicht diskutieren“. Sein Land strebe weiterhin eine reguläre Mitgliedschaft an.

„Die Türkei sollte nicht für einen politischen Machtkampf missbraucht werden“, sagte Erdogan bei der Pressekonferenz. Die Türkei werde mit aller Kraft daran arbeiten, die Beitrittskriterien in diesem Jahr zu erfüllen. Im Übrigen solle Merkel darüber nachdenken, dass ein EU-Beitritt der Türkei beweisen würde, dass die Union kein „Christenclub“ sei, sondern eine Vereinigung von Staaten mit gleichen politischen Werten.

Merkel versicherte, dass auch die CDU die EU nicht als „Christenclub“ sehe. Es gehe auch nicht um die Erfüllung der Kopenhagener Kriterien, bei der die Türkei „dramatische Fortschritte“ gemacht habe. Es sei der Zustand der EU, der die CDU/CSU die Perspektive des Beitritts kritisch sehen lasse.

Ungeachtet der inhaltlichen Differenzen waren Merkel und Wolfgang Schäuble, als Fraktionsvize für Außenpolitik zuständig, in Ankara fast wie Staatsgäste empfangen worden. Sie trafen zweimal mit Erdogan zusammen und auch mit Außenminister Abdullah Gül, Innenminister Abdülkadir Aksu, Parlamentspräsident Bülent Arinc und der kompletten Führung von Erdogans Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP). „Wir hoffen, dass sich die Haltung der CDU ändert“, sagte der türkische Außenpolitiker Eyyüp Sanay im Anschluss.

Ankara hofft auf den Beginn von EU-Beitrittsgesprächen im Jahr 2005; das würde den Weg für eine spätere Vollmitgliedschaft ebnen. Bundeskanzler Schröder reist am Sonntag in die Türkei. Er unterstützt die Beitrittsgespräche der Türkei.