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Archiv-Artikel

„Es gibt klare Defizite“

Burkhard Sachse ist Lehrer am Schulzentrum Julius-Brecht-Allee, außerdem für die Didaktik der Geschichtslehrerausbildung an der Uni zuständig. Er sagt: In der Penne fehlt Neu-Paukern Praxis

Von kawe

taz: Sind die Pisa-Ergebnisse auch eine Kritik an der Lehrer-Ausbildung?

Burkhard Sachse: Es gibt klare Defizite. Das Lehramtsstudium an der Universität ist viel zu wenig an den für den Lehrerberuf notwendigen Kompetenzen orientiert und hängt zu stark an den Fachwissenschaften. Seit zwei Jahren gibt es eine neue Studienordnung, nach der die Studierenden im 5. Semester 20 Wochen in der Schule sein sollen. Sie sollen dort nicht nur Unterricht ausprobieren, sondern am Schulleben teilnehmen, um die unterschiedlichen Tätigkeiten des Lehrerberufes zu erkunden. Aber dieses Halbjahrespraktikum leidet noch unter dem Mangel an Ressourcen.

Das klingt nach Praxis-Schock. Haben denn die Studierenden im fünften Semester mehr mitbekommen als die Grundlagen der Fachwissenschaft?

Ja, aber nötig wäre dennoch eine stärkere Transparenz und Strukturierung des Lehrangebotes. Nötig wäre aber auch eine stärkere Abstimmung zwischen dem, was im Studium passiert und dem Referendariat. Das ist ja ein Teil der Lehrerausbildung. Universität Bremen und Landesinstitut für Schule müssen stärker zusammengehen. Für den gesamten Fachdidaktik-Bereich in Geschichte gibt es an der Bremer Universität einen zum Teil von der Schule abgeordneten Lehrer, nämlich mich. Das kann nicht ausreichend sein. Die Fachwissenschaften müssten etwas hergeben von den Stellen und der Zahl der Semesterstunden.

Solche Forderungen gab es vor 25 Jahren doch auch schon.

Es hat sich heute jedoch etwas verbessert. Früher gab es „Praxislehrer“, die mit einem Teil ihrer Stunden an die Universität gingen und mit den Studierenden eine Unterrichtseinheit vorbereitet haben. Die gibt es heute nicht mehr. Es gibt auch keine gemeinsam vorbereiteten Unterrichtseinheiten mehr. Dafür bekommen Lehrer keine Entlastungsstunden mehr, das war zu teuer.

Haben die Pisa-Ergebnisse an der Universität bis heute etwas bewegt?

Pisa ist sicherlich ein neuer Anlass, über die Lehrerausbildung nachzudenken. Es müsste genauso um die Fortbildung gehen. Wenn Sie sich aber die Altersstruktur der Lehrerschaft anschauen, dann sind die Hoffnungen eher bei der Lehrerausbildung anzusiedeln.

Gibt es inzwischen moderne Geschichtsbücher, die von Problem-Fragestellungen ausgehen – und nicht nur von der Chronologie?

Bei den Büchern, die im Moment in den Schulen benutzt werden, ist Deutschland immer noch geteilt. Das heißt, sie sind auch von der Didaktik her 15 Jahre alt – wobei es schon vor 15 Jahren in der Didaktik Dinge gab, die in den Klassenzimmern nicht wirklich angekommen sind. Die Innovation hängt letztlich immer von der Person des Lehrers ab, seinen Kompetenzen, seinen didaktischen Vorstellungen. Neue Schulbücher könnten das beeinflussen.

Interview: kawe