Einer von der Wanted-Liste gestrichen

US-Soldaten haben Barsan al-Tikriti, mehrfach verbandelt mit Iraks Exdiktator Saddam Hussein, in Bagdad verhaftet

Auf besonders gutem Fuße stand er mit dem irakischen Exmachthaber schon lange nicht mehr. Anfang März hatte Saddam Hussein seinen Halbbruder Barsan al-Tikriti unter Hausarrest gestellt, wenn auch sehr nobel im Präsidentenpalast Dschadrija. Grund waren Familieninterna: Al-Tikriti hatte sich für den Fall von Saddam Husseins Tod gegen eine Führungsrolle von dessen Sohn Kusai ausgesprochen. Dennoch gehörte Barsan al-Tikriti zu den 55 von den USA meistgesuchten Regierungsmitgliedern. Am Freitag war das Anwesen al-Tikritis in Ramadi westlich von Bagdad bombardiert worden. Ein „Freund der Familie“ hatte ihn daraufhin für tot erklärt. Doch das nützte dem Exgeheimdienstchef nichts. Am Donnerstag ging er US-Marineinfanteristen in Bagdad ins Netz. Ganz von allein hatten die den Präsidentenberater nicht aufgespürt: Er wurde verpfiffen.

Die USA vermuten, dass al-Tikriti weitreichende Kenntnisse über die Strukturen des inneren irakischen Führungszirkels besitzt. Der als eiskalt bekannte Jurist leitete den irakischen Geheimdienst bis 1984. Von 1988 bis 1998 vertrat er sein Land bei der UNO in Genf; in dieser Zeit versuchte er das 1990 von der UNO verhängte Embargo gegen Irak weitläufig zu unterwandern. Gleichzeitig koordinierte er laut irakischen Oppositionellen den irakischen Geheimdienst in Europa und war an Waffenkäufen beteiligt; für Saddam Hussein verwaltete er dessen bei europäischen Banken liegendes Vermögen. Auch das mag ein Grund dafür sein, dass die USA so dringend mit al-Tikriti „sprechen“ wollen: Die weltweite Suche nach Saddams Milliarden läuft auf Hochtouren. Das Finanzministerium hat eigens eine Task-Force dafür eingesetzt. Die US-Zeitschrift Forbes listet den irakischen Exstaatschef als einen der reichsten Männer der Welt auf.

In seiner Zeit als UN-Botschafter soll Tikriti nach Angaben eines Vertrauten versucht haben, Saddam Hussein zur Auflösung des Revolutionären Kommandorats zu bewegen, der höchsten Regierungsinstanz in Irak. Statt eines Parlaments wollte der Präsidentenberater lieber eine technokratische Regierung sehen, die er selber gerne geleitet hätte.

Allerdings war Tikriti bei Saddam Hussein bereits 1988 dadurch in Ungnade gefallen, dass er sich gegen die Hochzeit einer der Präsidententöchter mit Hussein Kamel Hassan stellte. Hassan, ebenfalls ein Mitglied des Tikriti-Clans, war eine Führungsfigur in Irak, bis er sich 1995 nach Jordanien absetzte. Bei seiner Rückkehr ein Jahr später wurde er ermordet.

Auch zu seinem anderen Halbneffen, Udai, dem ältesten Präsidentensohn, hatte der als jähzornig bekannte Berater keine sonderlich guten Beziehungen. Udai galt lange als Favorit für die Präsidentennachfolge, bis er 1996 angeschossen und schwer verletzt wurde. Er gilt als Lebemann, der schon mehrfach in gewaltsame Auseinandersetzungen mit tödlichen Folgen verwickelt war. Laut einem Oppositionellen bezeichnete Tikriti Udai als „habgierig“ und „unfähig zu führen“.

Tikriti wurde 1951 in Tikrit geboren, der Geburtsstadt Saddam Husseins rund 180 Kilometer nördlich von Bagdad. Er studierte an der Universität von Mustansiria Recht und Politologie. Der ehemalige Vertraute von Saddam Hussein hat acht Kinder. Er war mit einer Schwägerin Saddam Husseins verheiratet. Sie starb 1998. CA, AFP, DPA