„Verlasst unser Land“

Zehntausende Schiiten und Sunniten demonstrieren nach dem Freitagsgebet in Bagdad gegen die fremde Besatzung. Eigenes Team von US-Spezialisten sucht jetzt nach Massenvernichtungswaffen

BAGDAD dpa/afp/rtr/taz ■ Bei der größten Demonstration seit dem Fall Bagdads haben am Freitag mehrere zehntausend Menschen den Abzug der US-Truppen aus dem Irak gefordert. „Verlasst unser Land. Wir wollen Frieden“, war auf einem der Transparente zu lesen. „Nein zu Amerika, Nein zu einem säkularen Staat. Ja zu einem islamischen Staat“, stand auf anderen Transparenten. Die Demonstranten riefen: „Weder Amerika noch Saddam.“ Sie trugen Plakate in englischer und arabischer Sprache. Sunniten forderten, die Einheit mit den schiitischen Muslimen zu erhalten und keine Spaltung des Iraks zuzulassen. „Diese Land gehört den Schiiten und Sunniten“, stand auf einem Plakat. In seiner Predigt beschuldigte Imam Ahmed al-Kubaisi die USA, zur Verteidigung Israels in den Irak eingerückt zu sein und die angebliche Existenz von Massenvernichtungswaffen als Vorwand benutzt zu haben, berichtete der arabische Sender al-Dschasira.

Die USA wollen die Suche nach Massenvernichtungswaffen mit einem 1.000 Mann starken Spezialistenteam vorantreiben. Erste Experten seien bereits vor Ort, berichtete CNN unter Berufung auf das US-Verteidigungsministerium. Verteidigungsminister Donald Rumsfeld zufolge haben die USA wenig Hoffnung, ohne Hilfe von Irakern Waffenverstecke aufzuspüren. Das Spezialistenteam solle deshalb „Menschen aufspüren, die uns sagen, wo wir etwas finden werden“. Eine Sprecherin des Weißen Hauses wies ein Angebot von UN-Chefinspektor Hans Blix zur Rückkehr der UN-Waffenkontrolleure nach Irak zurück. Nach Ansicht von Blix könnte das UN-Kontrollteam in Irak auch als eine Art Notar zur unabhängigen Beglaubigung möglicher Waffenfunde durch US-Spezialisten dienen.

US-Präsident George W. Bush stieß mit seiner Forderung nach einem Ende der UN-Wirtschaftssanktionen gegen Irak auf Widerstand im Sicherheitsrat. Solange nicht klar sei, ob Irak über Massenvernichtungswaffen verfügt, könne es keine Aufhebung der Sanktionen geben, sagte der russische Außenminister Igor Iwanow. Frankreichs Präsident Jacques Chirac betonte, die Entscheidung über ein Ende des Embargos müsse bei der UNO liegen. Die EU-Chefs einigten sich auf ihrem Athener Gipfel auf die gemeinsame Forderung nach einer „zentralen Rolle“ der UNO beim Wiederaufbau Iraks.

In der saudischen Hauptstadt Riad berieten am Freitag Vertreter von acht Staaten über künftige Beziehungen zum Irak. Syriens Außenminister Faruk al-Scharaa äußerte die Erwartung, bei dem Treffen werde die US-Besetzung Iraks verurteilt. GB