: Hilfe bei häuslicher Gewalt
Zum „Tag gegen Gewalt an Frauen“ verkündet die Frauenbeauftragte Besorgnis erregende Zahlen. Vor allem Stalking-Fälle haben explosionsartig zugenommen. Aber es gibt auch Hoffnung
VON FELIX ZIMMERMANN
Die Bremer Polizei fährt alle zwei bis drei Tage zu irgendeinem Ort in Bremen, um dort einen Streit zwischen Lebenspartnern nicht nur zu schlichten, sondern um zumeist den Mann der Wohnung zu verweisen.
Das ist die eine der erschütternden Nachrichten, die gestern anlässlich des „Tages gegen Gewalt an Frauen“ zur aktuellen Lage in Bremen von der Landesfrauenbeauftragten Ulrike Hauffe und von Polizeipräsident Eckhard Mordhorst mitgeteilt wurden. Aber, immerhin, die Polizei hat diese Handhabe und nutzt sie – und knüpft zugleich eine Kette, die auch andere Institutionen in die Verantwortung einbindet: „Bei Wohnungsverweisungen geht eine sofortige Meldung an das Amt für Soziale Dienste, das die betroffenen aufsucht und Hilfe anbietet“, sagte Mordhorst. Ein Wohnungsverweis könne für zehn Tage wirksam sein – Zeit, in der sich Betroffene gemeinsam mit Beratern des Amtes für Soziale Dienste über das weitere Vorgehen entscheiden können.
Im Jahr 2007 verzeichnete die Polizei 197 solcher Fälle, im ersten Halbjahr 2008 wurden bislang 79 gezählt – aber sowohl Mordhorst als auch die Landesfrauenbeauftragte Ulrike Hauffe rechnen damit, dass auch diese Zahl noch ansteigen wird: „Gerade in der Weihnachtszeit häufen sich Fälle häuslicher Gewalt“, sagte Hauffe. Das Fest, die viele Zeit, die man plötzlich miteinander verbringt, das kann zu Spannungen führen, die sich mancherorts in Schlägen lösen.
Wohnungsverweise waren bei der Pressekonferenz am Dienstsitz der Frauenbeauftragten in der Knochenhauerstraße nur das eine Thema.
Es ging auch um Stalking, also jene Form massiven Nachstellens besonders von Frauen, die bedrohlich erscheint. Auflauern, verfolgen, mit Anrufen tyrannisieren, nicht loslassen können, all das. Die Zahl der registrierten Fälle ist in Bremen geradezu explodiert: Waren es 2007 noch 1.307 Fälle, wurden im ersten Halbjahr diesen Jahres schon 2.475 Fälle gezählt.
Besorgnis erregend auch das, wohl aber deshalb so stark angestiegen, weil Stalking erst seit April 2007 als Straftatbestand justitiabel ist. Außerdem, so Mordhorst, „stellen wir eine erhöhte Achtsamkeit in der Bevölkerung fest“, auch würden Polizeibeamte intensiv geschult. In den Kommissariaten wurden Beauftragte ernannt, die Betroffenen und Rat suchenden Kollegen zur Verfügung stehen.
Frauensenatorin Ingelore Rosenkötter (SPD) nannte es „erschreckend“, dass jede vierte Frau in ihrem Leben Opfer von Gewalt durch ihren Lebenspartner werde. Das müsse Ansporn sein, „uns noch mehr für die Ächtung von Gewalt einzusetzen“. Die Zusammenarbeit zwischen Polizei, Gerichten, Amt für Soziale Dienste und Beratungsstellen in Fällen von Gewalt gegen Frauen nannte sie „gut funktionierend“.
Veranstaltungshinweis: Ein Tag gegen Gewalt, heute, 20 Uhr, Arbeitnehmerkammer, Bürgerstraße 1