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Archiv-Artikel

UN-Luftbrücke für Flüchtlinge im Tschad

Hilfsgüter aus Tansania für über 110.000 Flüchtlinge aus dem Westen Sudans. Neue Friedensgespräche für Südsudan

BERLIN taz ■ Das UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR hat begonnen, auf dem Luftweg Hilfsgüter in den Tschad zu bringen, um mehr als 110.000 Flüchtlinge aus dem Sudan zu versorgen. Der erste Flug mit Decken, Plastikplanen, Seife und anderen Dingen, die man zur Einrichtung eines Flüchtlingslagers braucht, erreichte die osttschadische Stadt Abéché am Dienstagabend. Insgesamt sollen diese Woche 256 Tonnen Hilfsgüter eingeflogen werden. Sie kommen aus dem mehrere tausend Kilometer entfernten Tansania, wo das UNHCR burundische Flüchtlinge versorgt.

Das UNHCR will damit die entlang der tschadischen Grenze zum Sudan verstreut, inmitten der lokalen Bevölkerung lebenden Flüchtlinge zum Einzug in geordnete Lager bewegen. Bisher sind zwei Lagerstätten mit 4.000 Bewohnern eingerichtet; eine dritte ist mit Hilfe der deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) im Aufbau. Gestern entsandte die Bundesregierung drei Experten des Technischen Hilfswerks (THW) zur Unterstützung des UNHCR nach Tschad.

Ursache des Flüchtlingsdramas im Osten des Tschad ist der Krieg jenseits der sudanesischen Grenze in der westsudanesischen Region Darfur. Seit Frühjahr 2003 bekämpfen hier Rebellen die Zentralregierung, die mit Luftangriffen und der Zerstörung ganzer Dörfer antwortet. Rund 800.000 Menschen sind vertrieben. Nachdem Sudans Regierung am 11. Februar behauptete, sie habe die Rebellen besiegt, sahen diese sich zu verschärften Angriffen genötigt, um das zu dementieren. Die größte Darfur-Rebellenbewegung, SLM (Sudanesische Befreiungsbewegung), erklärte am Montag, sie habe in den letzten 48 Stunden 200 Regierungssoldaten getötet und drei strategische Armeeposten erobert.

So besteht derzeit so gut wie gar kein Zugang mehr zu den meisten Teilen Darfurs auf dem Landweg. Neben der UNHCR-Luftbrücke in den Tschad hat daher das UN-Welternährungsprogramm WFP eine zweite Luftbrücke direkt nach Darfur gestartet: Rund 500 Tonnen Hirse wurden nach al-Faschir geflogen, Hauptstadt der Provinz Nord-Darfur. Das WFP hat bisher 105.000 Vertriebene in Darfur mit rund 2.000 Tonnen Lebensmitteln versorgt. Das WFP hofft, die Luftbrücke nicht zu einer Dauereinrichtung machen zu müssen, da der Weitertransport eingeflogener Hilfsgüter in die Dörfer sowieso unsicher ist.

Die verstärkte internationale Hilfe für Darfur und Tschad kommt zeitgleich mit der Wiederaufnahme der im Januar suspendierten Friedensgespräche zwischen Sudans Regierung und der südsudanesischen Rebellenbewegung SPLA (Sudanesische Volksbefreiungsarmee). Die neuen Gespräche begannen am Dienstag in Kenia.

Der Krieg in Darfur ist dabei kein Thema. Eine andere, unerwartete Folge der Darfur-Krise hingegen ist eine verstärkte Rolle Frankreichs, das mit dem Südsudan-Friedensprozess bisher nichts zu tun hatte und sich darüber ärgerte. Heute will der französische Außenminister Dominique de Villepin nach Tschad und Sudan reisen, um nicht nur über Darfur zu reden, sondern über die gesamte regionale Situation. Die Darfur-Rebellen kommen der Pariser Diplomatie wie gerufen, um aus ihren afrikanischen Verbündeten Tschad und Zentralafrikanische Republik heraus verstärkten Einfluss auf das wichtige Ölförderland Sudan nehmen zu können.

DOMINIC JOHNSON