piwik no script img

Archiv-Artikel

Bambules parlamentarischer Arm

Bauwagen: Hamburgs Liberale wollen sich mit CDU und Schill anlegen, um ihr tolerantes Profil zu schärfen. FDP-Parteitag wird Antrag auf Legalisierung von Bauwagenplätzen beschließen. Aber Stillhalteabkommen von Bambule gefordert

von SVEN-MICHAEL VEIT

Hamburgs Liberale sind so frei, sich mit ihren Koalitionspartnern anzulegen. Eine Änderung des Hamburger Wohnwagengesetzes wird der Landesparteitag der FDP, der am Freitag und Sonnabend im Bürgerhaus Wilhelmsburg stattfindet, aller Voraussicht nach beschließen. Denn Bauwagenplätze, so heißt es in dem vorliegenden Antrag zur Begründung, „stellen eine zu tolerierende Art des Zusammenlebens dar“ und müssten deshalb legalisiert werden. Und auch einen noch deutlicheren Seitenhieb auf ihre Koalitionspartner CDU und Schill-Partei will die FDP sich nicht verkneifen: „Eine grundsätzliche Ablehnung dieser Wohn- und Lebensform aus ideologischen Gründen ist diskriminierend.“

Formulierungen, von den Jungliberalen und dem Bezirksverband Altona ersonnen und vom Parteivorstand gebilligt, die Zündstoff für die Rechts-Koalition im Rathaus bieten. Denn deren offizieller – wenn auch von der FDP hinter verschlossenen Türen mehrfach kritisierter – Standpunkt lautet, Hamburg bauwagenfrei zu machen.

Nachdem die Verhandlungen über eine Ersatzfläche in Altona für den geräumten Bambule-Platz vom Senat ergebnislos beendet worden waren, hatte Bürgermeister Ole von Beust (CDU) vorige Woche sogar noch nachgelegt. Im Gespräch mit vertrauten Journalisten hatte er auch die Räumung des Bauwagenplatzes an der Gaußstraße angekündigt (taz berichtete). Der Senat habe den zuständigen Bezirk Altona „angewiesen“, eine Option auf Verlängerung des zum Jahresende auslaufenden Pachtvertrages nicht wahrzunehmen. Allerdings liegt eine solche Weisung im Bezirksamt noch immer nicht vor; die Staatliche Pressestelle sah sich auch gestern Nachmittag nicht zu der Auskunft in der Lage, ob des Regierungschefs Worte einen Bezug zur Realität haben.

Im Bezirk selbst setzen Amt und die Mehrheit aus SPD, GAL und FDP in der Bezirksversammlung hingegen auf eine „konsensorientierte“ Lösung. In einem am Sonnabend von der taz veröffentlichten Positionspapier wird eine Verlängerung für die Gaußstraße ebenso gefordert wie für den Platz Rondenbarg. Dorthin waren 1999 etliche Bauwagen-BewohnerInnen von der Gaußstraße umgesiedelt worden, weil ein Teil des Platzes für den Bau des Nachhaltigkeitszentrums „Vivo!“ benötigt wurde.

Auf Deeskalation setzt denn auch weiterhin die FDP. Mit einem solchen Parteitagsbeschluss im Rücken, glaubt Parteisprecher Christian Sommer, „kann die Fraktion in der Bürgerschaft stärker auftreten“ gegen die beiden größeren Koalitionspartner. Als „Rückenwind“ betrachtet auch Fraktionschef Burkhardt Müller-Sönksen den Vorstoß der Partei. Dadurch würde es leichter werden, „ein gutes neues Gesetz zu erreichen“, vermutet er.

Allerdings nicht sofort, sondern „bei Gelegenheit“. Die Liberalen würden „mal nüchtern schauen, was zu tun ist, wenn der Qualm sich verzogen hat“, deutet Müller-Sönksen den langen Atem der Freidemokraten an. Immerhin müsse man „bei diesem heißen Thema“ berücksichtigen, dass gerade den Hardlinern in der Koalition kein Gesichtsverlust zugemutet würde.

Wenig hilfreich dabei sei, so der FDP-Fraktionschef, wenn Bambule und deren Sympathisanten weiterhin auf „den Protest der Straße“ setzten. Der Senat würde „gewiss nicht auf Druck reagieren“.

Wenn „die“ aber ein Weilchen Ruhe geben würden, ventiliert Müller-Sönksen, würde es „bestimmt leichter für uns“: Die FDP als parlamentarischer Arm der Bauwagen-Szene.