vorlauf kunst Brigitte Werneburg schaut sich in den Galerien von Berlin um

Man traut kaum seinen Augen. So bunt, so schäbig und doch so glamourös à la Las Vegas schaut die Szenerie aus, die auf dem großformatigen Abzügen zu sehen ist, die die Wände von c/o Berlin schmücken. Ursprünglich kamen die Farbfotografien als Postkarten in Umlauf, und in dieser Form hat sie auch der britische Starfotograf Martin Parr entdeckt. Sie zeigen die Urlaubsparadiese in Großbritannien, die der Tourismusunternehmer Billy Butlin in den 60er-Jahren für die britische Mittelklasse einzurichten begann. „Our true intend is all for you delight“, dieses Motto Butlins galt auch für die Arbeit des John Hinde Studio für Fotografie, das von Butlin beauftragt worden war, seine Holiday Camps bestmöglich ins farbenfrohste Licht zu rücken. Damals war die fotografierte Welt noch schwarzweiß und entsprechend machten die Bilder des bonbonfarbenen Paralleluniversums, das die Butlin’s Holiday Camps darstellten, sofort Furore.

Martin Parr, der selbst in den 70ern zwei Sommer lang bei Butlin’s Urlauber fotografierte, ist inzwischen der Geschichte der John Hinde Studios nachgegangen. Er hat einzelne der Fotografen, die bei Butlin’s fotografierten, identifiziert. Er hat die Postkarten gesammelt, die nun in einer Vitrine liegen und Einblick geben in die Hölle, die Massentourismus heißt. Und er hat die Negative in das ausstellungfähige Großformat bringen lassen, auf dem nun umso deutlicher wird, wie sorgfältig das John Hinde Studio bei diesen Aufnahmen arbeitete. Nichts wurde dem Zufall überlassen, jedes Bild ist bis ins letzte Beleuchtungsdetail geplant, Statisten wurden dirigiert, die Umgebung arrangiert. Das Ergebnis ist eine der hinreißendsten, aufschlussreichsten und skurrilsten Sozialdokumentationen, die wohl bekannt ist.