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Archiv-Artikel

Eine Story, die keiner glaubt

Mordsache Jakob von Metzler: Angeblich wollte der Angeklagte dem Jungen Alkohol einflößen, um dessen Erinnerung zu löschen. Richter äußert Zweifel an der Version

FRANKFURT taz ■ Am dritten Verhandlungstag im Prozess um die „Mordsache Jakob von Metzler“ vor der 22. Strafkammer am Landgericht in Frankfurt behauptete der Angeklagte Magnus G. weiter, dass er den von ihm entführten kleinen Jakob, 11, nicht habe töten wollen.

Der Junge war erstickt, nachdem ihm Magnus G. in seiner Wohnung – in die er den Bankierssohn Ende September 2002 unter einem Vorwand gelockt hatte – mit einem „silberfarbenen Gewebeklebeband“ Mund und Nase zugebunden hatte, um ihn am Schreien zu hindern. Nie habe er auch nur daran gedacht, sein Entführungsopfer zu töten, beteuerte G. mehrfach. Ihm sei es nur um das Lösegeld gegangen. Eingewickelt in ein Bettlaken schleppte er den Leichnam danach zu seinem Auto. Unter dem Steg eines Sees in der Nähe von Schlüchtern versteckte er dann das leblose Bündel.

G. kam gestern in arge Erklärungsnot, als ihm der Kammervorsitzende vorhielt, dass ein am Leben gebliebener Jakob von Metzler seinen Entführer nach einer Freilassung wohl doch umgehend verraten hätte. Schließlich hätten sich Opfer und Täter doch gekannt. Der Angeklagte gab danach zu Protokoll, dass er vorgehabt habe, dem kleinen Jakob eine Flasche Wodka einzuflößen, um bei dem Jungen einen „Filmriss“ zu erzeugen. Jakob sollte sich danach an nichts mehr erinnern können, was vor und nach seiner Entführung geschah – und natürlich auch nicht mehr an seinen Entführer. So jedenfalls, sagte Magnus G., habe er sich das gedacht.

Allerdings: In der Wohnung von G. war nach dessen Festnahme von der Polizei nicht eine einzige Flasche Schnaps gefunden worden. Auch auf einem Zettel, auf dem G. die einzelnen Entführungsschritte aufgelistet hatte, und der dem Gericht gestern vorlag, findet sich kein einziger Hinweis darauf, der die Version von G. stützen würde.

„Alles kaum zu glauben“, so lauteten daher auch die übereinstimmenden Kommentare von Prozessbesuchern zu der Version des Angeklagten. Auch der Vorsitzende Richter gab G. zu verstehen, dass er ihm diese Story nicht abkaufen werde.

Noch keine Rolle spielte gestern der von der Familie der Freundin des Angeklagten erhobene Vorwurf, wonach ein Sondereinsatzkommando der Polizei der 16 Jahre alten Katharina P. bei deren Festnahme am Flughafen mit einer „Gruppenvergewaltigung“ gedroht und sie „nackt und an den Haaren“ durch eine Tiefgarage geschleift haben soll. Die Staatsanwaltschaft jedenfalls leitete deswegen ein Ermittlungsverfahren ein; die Polizei in Frankfurt dementierte. Dem Angeklagten war von der Polizei mit Folter gedroht worden; das Gericht hatte deshalb zu Prozessbeginn alle früheren Aussagen von Magnus G. für „null und nichtig“ erklärt.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT