: B wie Burnout
Deutscher Lehrerverband Hamburg will Arbeitszeitmodell per einstweiliger Verfügung stoppen. Studie der Uni-Potsdamm weist hohe Belastung der Lehrer nach
Das zum 1. August geplante Arbeitszeitmodell für Lehrer wird bald die Richter beschäftigen. Gestern gab der Vorsitzende des Deutschen Lehrerverbandes Hamburg (DLH), Arno Becker, bekannt, dass sein Verband beim Verwaltungsgericht eine einstweilige Verfügung gegen das Modell beantragt. Denn anders als im Arbeitsschutzgesetz vorgeschrieben, sei keine „Gefährdungsanalyse“ vorausgegangen.
„Wir bedauern, dass wir mit unserem Dienstherren zunehmend nur noch über Juristen verhandeln“, sagte Becker. Doch auf Vorschläge des DLH, wie eine Altersermäßigung für über 55-Jährige, sei Bildungssenator Rudolf Lange (FDP) nicht eingegangen. Im Unterschied zu einer 1995 erwogenen Klage gegen die damalige Erhöhung von 23 auf 24 Pflichtstunden rechne man diesmal mit guten Chancen.
Wann der Eilantrag eingereicht wird, konnte Becker noch nicht sagen. Der Klage müsse ein Verwaltungshandeln vorausgehen, das eine Person „individuell schädigt“, erklärte Gerd Tiedemann vom Beamtenbund, der den DLH unterstützt. Gegenwärtig hat der Senat das Arbeitszeitmodell noch nicht offiziell verordnet. Es steht noch eine Anhörung der Berufsverbände am 16. Mai aus. Denkbar wären Musterklagen von Lehrergruppen: So könnten Sportlehrer klagen, die künftig 30 Stunden und mehr in der lauten Turnhalle stehen müssen. Auch Grundschullehrer, die nachmittags in der Kita eingesetzt werden, oder Mathematiklehrer, die innerhalb von zehn Minuten eine Klausur korrigieren sollen, könnten vor Gericht ziehen.
Die Kritik der Lehrer wird oft als „Jammern“ abgetan. Der DLH holte sich gestern Rückendeckung von der Universität Potsdam, wo Professor Uwe Schaarschmidt mit einem Team von Medizinern und Psychologen die Lehrerbelastung erforschte. „Lehrer vollbringen eine unglaubliche Konzentrationsleistung“, erklärte Schaarschmidt Mitarbeiter Ulf Kieschke. Schaarschmidt unterscheidet in vier Risikomuster von „G“ für gesund, über „S“ für schonendes Verhalten bis hin zu „A“ für starke Verausgabung und „B“ für Burnout. Bei einer mehrjährigen Befragung von über 12.000 Personen aus dem Bundesgebiet stellte sich die Gruppe der Lehrer als jene heraus, die mit je 30 Prozent im höchsten Maße den „Risikomustern“ A und B zuzuordnen sei. Ähnlich belastet seien danach nur noch Sozialamtsmitarbeiter in sozialen Brennpunkten. Polizisten, Pfleger oder Existenzgründer gehörten dagegen zu den Gesünderen. Am schonendsten gingen Feuerwehrleute mit sich um.
„Die Verhältnisse, unter denen Lehrer heute ihrem Beruf nachgehen, gehören generell auf den Prüfstand“, sagte Kieschke. Keinesfalls jedoch dürfte die Belastung durch größere Klassen und höhere Stundenzahl vergrößert werden. KAIJA KUTTER