Faires Wurfmaterial ersetzt olle Kamelle

Bei den Karnevalsumzügen kann man dieses Jahr auch Bio-Schokotäfelchen und Maniok-Chips aus Indonesien fangen

KÖLN taz ■ Auf den Rosenmontagszügen an Rhein und Ruhr regnen auch heute wieder hunderte Tonnen bunter Wurfgeschosse auf närrische Kinder und erwachsene Jecke. Allein beim großen Kölner Zug werden alljährlich Süßigkeiten und Präsente im Wert von 1,8 Millionen Euro verteilt. „Meistens billig produzierte und langweilig schmeckende Süßwaren zweiter Wahl, die dann oft zertrampelt werden, vergammeln oder im Müll landen“, kritisiert Stefan Kreuzberger von der Kampagne „Jecke Fairsuchung“.

Vor vier Jahren aus einer kleinen Runde Kölner Bürgerinnen und Bürger entstanden, setzte die Kampagne von Anfang an auf Innovation. Statt der ewig gleichen „Kamelle“ sollen mindestens zehn Prozent des süßen Wurfmaterials aus fairem Handel stammen. Denn die Produzenten der Rohstoffe, etwa des Kakaos, hatten bislang wenig zu lachen in der Frohsinns-Industrie. „Verordnete Dumping-Löhne, Kinderarbeit und der Einsatz von Chemikalien“ seien eben Garanten für hohe Gewinne bei den Unternehmen der Industrienationen, die sie dann zu niedrigen Warenpreisen verkaufen, erklärt Kreuzberger. Im Gegensatz dazu wird das Wurfmaterial von „Jecke Fairsuchung“ aus biologisch angebauten Rohstoffen von Bauernkooperativen aus Afrika, Asien und Lateinamerika hergestellt, die für ihre Produkte einen „deutlich über dem Weltmarktpreis liegenden Erlös“ erhalten, versichert Kreuzberger.

Die politisch korrekten „Kamelle“ scheinen gut anzukommen. In dieser Session wurden 150.000 Stück (etwa ein Prozent des gesamten Wurfmaterials) verkauft – eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr um 50 Prozent. Auch die Landesregierung zeigt sich angetan von der Kampagne: die wird durch die NRW-Stiftung für Umwelt und Entwicklung gefördert und von Ministerpräsident Peer Steinbrück und Umweltministerin Bärbel Höhn im Rahmen der Agenda 21 NRW im November als „Best Practice Project“ ausgezeichnet.

JESSICA DÜSTER