Provisorium

Anke Stelling: „Glückliche Fügung“,Collection S. Fischer, Frankfurt a. M. 2004, 186 Seiten, 10 Euro

Anke Stellings Frauenfiguren haben viel gemeinsam: Sie nennen ihre Väter „Daddy“ und sind mit ihnen per Post so eng wie mit keinem ihrer Liebhaber. Meistens warten sie vergeblich auf ein bisschen Romantik, oft sind sie gerade verlassen worden und denken ernsthaft darüber nach, die große Stadt zu verlassen, in der sie sich neu erfinden wollten, und nach Hause zurückkehren sollen, in die Provinz, in den Vorort, in ein „Zweifamilienhaus am Autobahnzubringer“ zum Beispiel.

Anke Stelling, Jahrgang 1971, hat am Deutschen Literaturinstitut studiert, in den letzten Jahren mit ihrem Kommilitonen Robby Dannenberg zwei Romane geschrieben und jetzt mit „Glückliche Fügung“, einem Band mit zwölf Erzählungen, ihr erstes Buch veröffentlicht, das sie allein geschrieben hat. Während es in den Büchern mit Dannenberg eher um Milieus ging, die sie sicher genau studieren musste, etwa das vierzigjähriger Buchhändler und oder das von Fixerinnen, schreibt Anke Stelling nun über ein Thema, mit dem sie sich besser auskennt, das sie jedenfalls subtiler anreißt als ihre früheren: über Frauen, die nicht mehr jung sind, die aber auch noch nicht erwachsen werden wollen.

Und wenn sie doch einmal einem Mann begegnen, diese Frauen, einem Mann, der einfach nur nett ist und unkompliziert, dann stehen sie ihm fassungslos gegenüber, fragen sich, wie einer so nett sein kann und so unkompliziert und schaffen es nicht, endlich anzudocken. Zum Beispiel Simone in der Titelgeschichte „Glückliche Fügung“, der schönsten Erzählung. Nur mit allergrößter Mühe schafft sie es, den Mann, den sie mag, anzunehmen, endlich dieses aufreibende Nichtmehr und Nochnicht, dieses provisorische Leben, das in ihrer Generation längst zum Standard geronnen ist, an den Nagel zu hängen.