Alba hofft auf den Kick

Berliner Basketballer verteidigen zwar den Pokalsieg durch ein knappes 82:80 über RheinEnergie Cologne, ein Fingerzeig für die Entscheidung in der Meisterschaft aber muss das nicht sein

aus Berlin MATTI LIESKE

Wenn die alte Erkenntnis, dass eine verpatzte Generalprobe ein überaus gutes Omen sei, auch im Basketball gilt, dann werden die Baskets Bonn deutscher Meister. Denn eine Generalprobe für die in einer Woche beginnenden Play-offs war es allemal, was sich in der Berliner Max-Schmeling-Halle beim Top 4-Turnier um den Pokal abspielte, den sich schließlich Alba Berlin mit einem 82:80 gegen Rheinenergie Cologne sicherte.

Alle drei Teams, denen ernsthafte Aussichten zugestanden werden, in diesem Jahr den Titel zu gewinnen, waren vertreten, um sich durch den Pokalsieg den entscheidenden Motivations- und Selbstvertrauensschub für die finale Phase der Meisterschaft zu verschaffen. Alba Berlin, der gar nicht mehr souveräne Dauermeister, dem die gesamte Liga endlich mal einen Ausrutscher wünscht. Die Baskets Bonn, das beinharte Team des 35-jährigen Coaches Predrag Krunic, welches die Vorrunde als Nummer eins abschloss. Und Rheinenergie Cologne, die von Trainer Svetislav Pesic geprägte und nun von dessen Nachfolger Stephan Baeck geführte Mannschaft, die zu elegantem, spektakulärem Basketball fähig ist, diesen aber bislang nur sporadisch zu zeigen geruhte.

Zuerst traf es am Samstag die Bonner, die gestern nur noch zusehen durften, wie sich Alba und Cologne vor 8.167 Zuschauern ein intensives und hart umkämpftes Endspiel lieferten, in dem Köln schnell mit 21:2 führte, Berlin jedoch danach beharrlich aufholte und seine gegenwärtigen Haupttugenden auspackte: Eisenharte Defense und Treffsicherheit zur rechten Zeit. Was genügte, um Kölns Schlussspurt gerade noch abzuwehren - dank des Korblegers von Mithat Demirel in letzter Sekunde.

Im Halbfinale hatte sich der Dritte im Bunde, Baskets Bonn, mit 76:85 dem Spielwitz und vor allem der längeren Bank der Kölner beugen müssen. Während Krunic seinem Team eine strikte Sieben-Mann-Rotation verordnet, zaubert Baeck bei Rheinenergie, wenn es Not tut, immer neue Trümpfe aus dem Ärmel. Werden Stammkräfte wie Stephen Arigbabu, Marko Jovanovic oder der fleißige Punktehäufer C.C. Harrison so lahmgelegt, wie von der Bonner Deckung am Samstag, dann tauchen plötzlich sonstige Randfiguren wie Geert Hammink oder Gerrit Terdenge auf, räumen unter dem Korb ab und holen wichtige Zähler. Dazu kommt als Führungsperson ein Sasa Obradovic in Bestform, der umsichtig dirigiert, Jünglinge wie Johannes Strasser zusammenstaucht, wenn der den gegnerischen Spielmacher Terrence Rencher einfach zum Korb durch lässt, und am Ende nervenstark die entscheidenden Dreier und Freiwürfe trifft.

Dass sie Alba schlagen können, haben die Kölner, auch wenn es gestern nicht klappte, zumindest in der Bundesliga gezeigt, wo sie beide Partien gewannen, die Frage ist, ob sie die nötige Konstanz für eine Play-off-Serie gegen den Champion aufbringen können. Viel wird dabei von den Schiedsrichtern abhängen, denn der Titelverteidiger aus Berlin lebt in dieser Saison vor allem von seiner Defense. „Es wurde ein sehr körperliches Spiel zugelassen, was uns nicht geholfen hat“, murrte Gießens Trainer Joe Whelton, nachdem sich Alba beim 85:67 mehr oder weniger ins Endspiel gerauft hatte. Am Ende waren alle wichtigen Berliner Akteure mit vier Fouls belastet und standen vor dem Ausschluss, obwohl die Schiedsrichter bei vielen Aktionen, die andere Referees abgepfiffen hätten, tatenlos blieben.

Sowohl die Bonner als auch die Kölner haben während der Saison jedoch bereits bewiesen, dass sie die harte Gangart des Titelverteidigers mitgehen können. Alba wiederum hatte gegen seine beiden schärfsten Rivalen in dieser Spielzeit nicht gewinnen können, weshalb dem Pokal noch eine Extraportion an Bedeutung zukam. Auch im letzten Jahr war es der Gewinn des ominösen Glasgebildes gewesen, der den Berlinern nach verkorkster Vorrunde die nötige Starthilfe zu einem wahren Play-off-Spaziergang zum Titel verliehen hatte. „Der Pokal hat uns einen richtigen Kick gegeben“, erinnert sich Kapitän Henrik Rödl.

Ob der Kick diesmal wieder bis zum Titel reicht für die Berliner, die es in der ersten Runde zunächst mal mit Frankfurt zu tun bekommen, ist fraglicher denn je. Auf keinen Fall unterschätzen sollte man jedoch die Bonner Generalprobenvermassler, auch wenn Henrik Dettmann sagt, er habe noch nie eine Mannschaft gesehen, die mit einer Siebener-Rotation irgend etwas gewonnen hätte. Der Bundestrainer ist schließlich klug genug, hinzu zu fügen: „Sport erfindet sich jeden Tag neu.“