piwik no script img

Archiv-Artikel

Erfolgreiche Asiaten

Länderbericht Japan: Nachhaltiges Investment mit kleinen Unterschieden. Inzwischen existieren mehr als zehn Nachhaltigkeitsfonds mit einem Volumen von insgesamt rund 700 Millionen Dollar

Ökologische Aspekte spielen in Japan eine weitaus bedeutendere Rolle als soziale

Die zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Welt – bekannt dafür, gut gehende Produktideen zu beobachten und schließlich erfolgreich weiterzuentwickeln – behauptet sich inzwischen auch im Feld des nachhaltigen Investments. Obwohl der Einstieg erst 1999 erfolgte, ist Japan bereits der am weitesten entwickelte asiatische Markt.

Der erste Umweltfonds wurde 1999 von Nikko Asset Management auf den japanischen Markt gebracht und verband zunächst ausschließlich die ökonomischen mit ökologischen Anlagezielen. Das Konzept der Ökofonds, gute Ertragsaussichten im Einklang mit ökologischen Wertvorstellungen anzubieten, fand große Zustimmung. Am bis dato vorherrschenden Image vom einzig nach maximalen Erträgen strebenden japanischen Investor wurde erstmals gerüttelt. In 2000 wurde mit Asahi Life’s Wing of Tomorrow Fund der erste Fonds eingeführt, der neben ökologischen auch soziale Faktoren als Kriterien für die Auswahl der investierten Unternehmen enthält.

Inzwischen existieren bereits mehr als zehn Nachhaltigkeitsfonds mit einem Volumen von rund 700 Millionen US-Dollar. Beachtlich ist ferner, dass sich in so kurzer Zeit bereits sieben Banken und eine Reihe von Research-Agenturen (Good Bankers, Integrex, So-Tech Consulting und das Sompo Japan Research Institute, Stock at Stake Japan) im Feld des nachhaltigen Investments bewegen. Mit ASRLA besteht mittlerweile auch ein asienweiter Interessenverbund für nachhaltige Investments.

Die japanischen Anleger, die gezielt in nachhaltige Fonds investieren, unterscheiden sich deutlich vom „typischen“ japanischen Anleger. Dieser ist normalerweise männlich und über 40. Die Nachhaltigkeitsfonds haben jedoch eine vergleichsweise junge Käuferschicht, der im Verhältnis zum Gesamtmarkt auffällig viele Frauen angehören. Diese Anleger stammen vornehmlich aus einer Bevölkerungsgruppe, die aufgrund der chronischen Umweltverschmutzungsprobleme in den 70er-Jahren bereits ein ausgeprägtes ökologisches Bewusstsein mitbringt. Im Investment in nachhaltige Geldanlagen sieht sie eine weitere Möglichkeit, positiven Einfluss auf die zukünftige Entwicklung der eigenen Wirtschaft zu nehmen.

In einem Bereich ist dieser bereits eingetreten: Unter anderem die Einführung der Ökofonds hatte eine bemerkenswerte Wirkung auf das umweltbezogene Berichterstattungsverhalten der Unternehmen. Mizue Tsukushi von „Good Bankers“ ist der Überzeugung, die Geburt der Ökofonds habe die Haltung japanischer Unternehmen zu Umweltprogrammen grundlegend verändert. Indiz dafür ist das rasche Wachstum der Berichterstattung: Im letzten Jahr veröffentlichten bereits rund 600 Unternehmen einen Umweltbericht.

Das Ergebnis der Bemühungen japanischer Firmen, dem gewachsenen Umweltbewusstsein Rechnung zu tragen, ist auch auf international vergleichbarer Ebene vorzeigbar: Von weltweit 41.000 Unternehmen, die für ihre Umweltmanagementsysteme eine Zertifizierung nach ISO 14001 erhielten, finden sich knapp 10.000 in Japan. Das ist international der erste Platz.

Solche Erfolge sind nicht zuletzt aber auch ein Verdienst der nationalen Umweltpolitik. Zum Beispiel veröffentlichte die japanische Regierung in den vergangenen Jahren Richtlinien für Umweltberichterstattung und Bonussysteme, die zusätzlichen Anreiz schufen, ökologisches Engagement zu zeigen.

Eine wichtige Aufgabe für die Zukunft des nachhaltigen Investments sehen Experten darin, soziale Aspekte stärker in das Bewusstsein und die Berichterstattung der Unternehmen zu integrieren. Mizue Unno von So-Tech Consulting sieht die größte Herausforderung darin, das traditionelle einheimische Management von der Wichtigkeit des Themas Nachhaltigkeit zu überzeugen. Schwierig ist das vor allem deshalb, weil weiterführende Informationen wie eben die über soziale Angelegenheiten in der japanischen Firmenkultur historisch als vertrauliche Angelegenheit behandelt wurden. Ihre Veröffentlichung ist neu und wirkt auf viele Japaner noch befremdlich. Trotz einer zaghaften Erweiterung des nachhaltigen Blickfelds spielen also ökologische Aspekte in Japan immer noch eine weitaus bedeutendere Rolle als soziale.

Nach Ansicht japanischer Analysten ist eine Übernahme bestehender internationaler Fondskonzepte nicht möglich, da die bestehenden Kriterienkataloge zu sozialen Gesichtspunkten anhand westlicher Werte aufgebaut sind. Diese unterscheiden sich jedoch von denen der asiatischen Kultur zum Teil so gravierend, dass sie unter japanischen Unternehmen und Anlegern keine Akzeptanz finden. Ein an die kulturellen Gegebenheiten angepasstes Bewertungssystem könnte allerdings nach Ansicht von Kyoko Sakuma, Stock at Stake Japan, der entscheidende Impuls dafür sein, eine breitere Unterstützung für das Thema Nachhaltigkeit zu gewinnen.

Nach starken Tendenzen zu Beginn ist der Fortschritt in Richtung nachhaltiges Investment zurzeit durch die schwierige Lage am Finanzmarkt gebremst. Auch in Japan ist entscheidend, ob Ökofonds sich mit einer wettbewerbsfähigen Performance langfristig behaupten können. Erschwerend wirkt auch, dass die stützende Funktion der in anderen Ländern typischen institutionellen Investoren, wie kirchlichen Gruppen, fehlt, um eine Investitionszurückhaltung privater Anleger abzufedern. Bei einer Verbesserung der Gesamtlage des Finanzmarktes ist allerdings im Bereich nachhaltiges Investment eine rasante Entwicklung zu erwarten. Der erwartete Eintritt der japanischen Pensionsfonds mit ihrem Anlagevolumen von 2,4 Billionen Dollar bietet außerdem noch weiteres Potenzial für nachhaltige Investments.

Gelänge es dann noch, ein Nachhaltigkeitskonzept zu entwickeln, das insbesondere in sozialen Aspekten auf die Unterschiede der asiatischen Kultur zugeschnitten ist, stünde der Entstehung eines nachhaltigen Investmentmarkts, der sich auch international an die Spitze der Entwicklung stellte, nichts mehr im Wege. LINDE KRUTZKE

Die Autorin ist Unternehmensanalystin der Scoris GmbH, Hannover Info: www.scoris.de, www.asria.org