: Christoph Stölzl eiert ins Aus
Erst dementiert er, dann redet er Klartext: Der CDU-Landeschef gibt sein Amt nach nur einem Jahr ab. Beim Parteitag Ende Mai soll Joachim Zeller, Bezirksbürgermeister in Mitte, sein Nachfolger werden
von STEFAN ALBERTI
Ein Kreisvorsitzender war sich schon am Vormittag sicher: „Der macht’s nicht mehr.“ CDU-Landeschef Christoph Stölzl hatte angeblich parteiintern erklärt, er trete beim Parteitag am 24. Mai nicht wieder an. Eine offizielle Entscheidung erwarteten führende Christdemokraten in der Vorstandssitzung am Nachmittag. Stölzl aber dementierte eine Entscheidung noch kurz vor Sitzungsbeginn, sprach von zahlreichen Beratungen in vielen Gremien, die nötig seien. Hinter verschlossenen Türen machten ihm seine Vorstandskollegen aber offenbar Druck, Klartext zu reden. „Ich werde nicht antreten“, sagte Stölzl, als sich die Saaltüren nach zwei Stunden wieder öffneten.
Mit ihm trat der Mann aus dem Saal, der auf Wunsch des Landesvorstands Stölzls Nachfolger werden soll: Joachim Zeller, der Bezirksbürgermeister von Mitte und bisherige Landesvize. Er hatte die Partei schon im vergangenen Jahr kommissarisch drei Monate geführt, nachdem der damalige Parteichef Eberhard Diepgen zurückgetreten war. Damals wollte Zeller laut Stölzl nicht dauerhaft Chef werden, nun sei er bereit. Die PDS in Mitte hatte damals ein dauerhaftes Engagement Zellers für unvereinbar mit dem Bürgermeisterposten gehalten.
Stölzl begründete seine Entscheidung mit einer aus seiner Sicht veränderten Situation der Partei: „Wir sind näher an der Wahl von 2006, als wir glauben.“ Daran solle die Union sich orientieren, wenn sie ihren Vorstand bis 2005 wählt. Er selbst habe schon vergangenes Jahr klar gemacht, dass er nicht für eine Spitzenkandidatur zur Verfügung stehe: „Landesvorsitzender aber sollte jemand sein, der das zumindest nicht ausschließt“.
Stölzl war erst im vergangenen Mai mit 93,4 Prozent der Stimmen gewählt worden. Bei seiner Bewerbungstour durch die Kreisverbände im Frühjahr 2002 hatte er ein längerfristiges Engagement angekündigt: „Ich muss erst einmal ein paar Jahre den Karren ziehen, damit ich den Stallgeruch kriege.“ Zeller, der ihn begleitete, nannte Stölzl „eine Leitfigur, die sammeln kann, die dem politischen Gegner zeigt, wo der Hammer hängt“.
Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Nicolas Zimmer, hatte bereits vor der gestrigen Vorstandssitzung in der Vergangenheitsform gesprochen: „Ich fand es erfrischend, dass Herr Stölzl immer in der Lage gewesen ist, die Dinge aus einer anderen Perspektive zu betrachten“, formulierte Zimmer. Für den Fall, dass Stölzl in der Sitzung nicht Klartext reden würde, hatte Zimmer eine wieder aufflackernde Personaldebatte vorausgesagt. Stölzl oder Fraktionschef Frank Steffel – das war schon im Frühjahr 2002 über Wochen die meist diskutierte Frage in der Berliner Union, nachdem Diepgen im Februar das Handtuch geworfen hatte.
Die Debatte beruhigte sich erst, als der damals 58-jährige Stölzl, zuvor binnen kaum drei Jahren Museumsdirektor, Welt-Feuilletonchef, Kultursenator und Vizepräsident des Abgeordnetenhauses, überraschend vor laufender Fernsehkamera seine Kandidatur erklärte.