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Archiv-Artikel

Linke kleckert gegen Kanzler

Nur vier SPD-Vorstandsmitglieder stimmen gegen die „Agenda 2010“ ihres Parteivorsitzenden. Gerhard Schröder erwartet breite Zustimmung zu seinem Reformpaket auf dem Sonderparteitag

BERLIN taz ■ Die Linken sind in ihrem Kampf gegen die Pläne von Bundeskanzler und SPD-Parteichef Schröder für soziale Kürzungen in der Partei weitgehend isoliert. Nur vier SPD-Vorstandsmitglieder wagten gestern ein Nein gegen die Schröder’sche Agenda 2010. Weitere vier enthielten sich. Dafür stimmten 28 GenossInnen für den Leitantrag und damit für die so genannte Agenda 2010. Sie kürzt unter anderem die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld deutlich und senkt die Höhe der Arbeitslosenhilfe. Auch der Kündigungsschutz wird durch die Agenda gelockert.

Schröder war sichtlich erleichtert über das Ergebnis. „Ich freue mich, dass der Parteivorstand hinter der Agenda 2010 in der Form steht, wie ich sie vorgelegt habe.“ Vor der Vorstandssitzung hatte er noch mit einer indirekten Rücktrittsdrohung die Kritiker auf Linie zu bringen versucht. Der Bundeskanzler rechnet nun auch mit einer breiten Mehrheit auf dem Sonderparteitag der Sozialdemokraten am 1. Juni. Seinen „Freundinnen und Freunden von der SPD“ versucht er die Zustimmung schmackhaft zu machen, indem er ihnen fünf Fragen zur Debatte im Detail anbot. Es sei selbstverständlich, so der Kanzler, dass „eine Partei mit der sozialen Sensibilität der SPD diskutieren können muss“. Zu den internen Kritikern des Bundeskanzlers, die im Parteivorstand mit Nein stimmten, gehören die Exbundestagsabgeordnete Andrea Nahles, Arbeitnehmerexperte Ottmar Schreiner, die DGB-Vizechefin Ursula Engelen-Kefer und der ehemalige baden-württembergische SPD-Chef Ulrich Maurer. Maurer war nach der Vorstandssitzung der Ansicht, dass es noch Veränderungen am Leitantrag geben könne – etwa beim Arbeitslosengeld.

„Wenn jeder Arbeitslose in den ersten zwölf Monaten ein Beschäftigungsangebot erhält, das wäre für uns eine Brücke“, sagte er. Wenn ein Jobsuchender ein solches Arbeitsangebot ablehne, sei auch die Linke für Kürzungen beim Arbeitslosengeld.

Sorgen bereiten dem Kanzler nun offenbar noch die eigenen Bundestagsabgeordneten. Es komme nun auf alle, „ich betone alle“ Parlamentarierer der SPD an, der Reformagenda 2010 im Bundestag eine Mehrheit zu verschaffen. Auf die Frage, ob er notfalls wieder – wie bereits beim Afghanistaneinsatz der Bundeswehr – die Vertrauensfrage im Bundestag stellen werde, um die Regierungsmehrheit zu sichern, blieb Gerhard Schröder nur scheinbar gelassen. „Ich glaube nicht, dass das nötig sein wird“, sagte er. CHRISTIAN FÜLLER

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