: CDU setzt auf Kompromiss
Die CDU erhört ihre Kritiker und signalisiert Einlenken beim Kopftuch-Streit an Niedersachsens Schulen. Große Koalition um das Stück Stoff scheint in Sicht
Hannover taz ■ Unter dem Druck von Opposition, Bischöfen, Lehrern und Juristen zeichnet sich beim Krach ums Kopftuch in niedersächsischen Schulen ein Einlenken der CDU-Fraktion ab – und damit eine Niederlage für Kultusminister Bernd Busemann (CDU). Der von ihm verfochtene Gesetzentwurf, der Lehrern weiter die „Bekundung christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte“ erlaubt, das Tragen eines Kopftuches jedoch verbietet, ist offenbar in den eigenen Reihen nicht mehr konsensfähig. Einen Tag vor der Anhörung im Kulturausschuss signalisierte die CDU, nicht mehr auf eine den Islam diskriminierenden Passage zu bestehen. „Wir setzen auf Kompromiss“, sagte CDU-Fraktionsvize Karl-Heinz Klare zur taz.
Er wolle „der Anhörung nicht vorgreifen“. Allerdings halte er es für „denkbar“, das Kopftuch auch ohne die umstrittene gesetzliche Regelung aus den Schulen zu verbannen – und zwar „durch das Beamtenrecht“, sagte Klare. Zuletzt hatten sogar die katholischen Bischöfe von Hildesheim und Osnabrück den Entwurf abgelehnt. Die Gewerkschaft GEW rügte, dass Busemann den Kopftuch-Streit ausnutze, um eine „Vorrangstellung“ des Christentums „festzuschreiben“.
„Bislang wollte die CDU nur die Stammtische bedienen“, sagte SPD-Landeschef Wolfgang Jüttner. Jetzt sehe er „Bewegung“ in der Partei. In der kommenden Woche werde er mit Busemann über eine gemeinsame Regelung reden. Die SPD ist in der Frage gespalten: Während Kreise um Jüttner religiöse Symbole prinzipiell untersagen wollen, treten andere Sozialdemokraten für Einzelfallprüfungen ein.
Das Bundesverfassungsgericht (BVG) hatte die Regelung der Kopftuch-Frage zur Ländersache erklärt. Kritiker wie Ex-Bundesverfassungsrichter Ernst Gottfried Mahrenholz hatten daraufhin immer wieder betont, die in Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen geplanten Regelungen deckten nicht den BVG-Spruch, weil sie muslimische Lehrerinnen diskriminierten. Auch auf die von Mahrenholz angeregte Gesetzesphrase „religiös motivierte Textilien sind verboten“ hatte sich Busemann nicht einlassen wollen.
Dafür erklärte er, über einzelne Passagen im Kopftuch-Gesetz könne man „reden“. Ihm sei nur wichtig, „wie das Tuch von den Schülern wahrgenommen wird“, es gehe nicht um Einschränkung der Religionsfreiheit. Es scheint also auf eine große Kopftuch-Koalition hinauszulaufen. SPD wie CDU sprachen sich nämlich auch gegen den Vorschlag der Grünen aus. Ihr Entwurf sieht vor, bei Konflikten die Schulkonferenz entscheiden zu lassen.
Kai Schöneberg