: Im Bauch des Elefanten
Eine Bürgerinitiative will das ehemalige „Reichs-Kolonialdenkmal“ mit Leben füllen. Um dort Lesungen und Ausstellungen veranstalten zu können, fehlen allerdings noch Sponsorengelder
Von Henning Bleyl
Der Elefant am Bahnhof, 1932 als „Reichs-Kolonialdenkmal“ eingeweiht, ist hohler, als man denkt. Nicht nur der eigentliche Korpus ist von innen begehbar. Unter dem Sockel befinden sich zudem eine 45 Quadratmeter große Krypta sowie ein 120 Quadratmeter fassender Umgang. Nun will der „Verein für Vielfalt, Toleranz und Kreativität“ den Elefanten samt Außenanlagen für kulturelle Zwecke nutzen.
Die rund 40 Mitglieder sehen sich in der Tradition der Denkmals-Umwidmung: 1987 wurde der zehn Meter hohe Backstein-Elefant zum „Anti-Kolonialismus“-Monument erklärt. Eine der entsprechenden Informationstafeln ist allerdings geklaut, die andere – seinerzeit gestiftet von der IG Metall-Jugend – reichlich restaurierungsbedürftig. Der Verein unter Führung des Medienkünstlers Michael Weisser und des grünen Beiratssprechers von Schwachhausen, Ralph Saxe, will den Ort jetzt mit Lesungen und Ausstellungen dauerhaft beleben. Auch eine Außen-Gastronomie ist angedacht.
Enger Kooperationspartner ist das benachbarte Hermann-Böse-Gymnasium, das den – damals noch kolonial-konnotierten – Elefanten seit 50 Jahren als Logo führt. Ein konkretes Projekt ist bereits verabredet: In Zusammenarbeit mit namibischen Schulen soll in der Grünanlage hinter dem Elefanten ein „Erinnerungs-Ort“ für die etwa 70.000 Herero geschaffen werden, die in „Deutsch-Südwest“ 1904 bis 1908 ermordet wurden. Der Gedenkort soll unter anderem aus Steinen aus der Omaheke-Wüste bestehen, in denen die Herero dem Verdursten preisgegeben wurden.
Im Inneren der Krypta steht ein Altar-ähnlicher Steintisch. Auf ihm lag früher ein Buch mit den Namen der 1.500 Soldaten, die bei den Eroberungen in Afrika starben. Aus den Wänden ragen Halterungen für Gedenkkränze. Mit sehr bescheidenen finanziellen Mitteln – der Beirat Schwachhausen macht beispielsweise 2.500 Euro locker – will der Verein nun für Beleuchtung sorgen, um jeweils zwischen Mai und Oktober Veranstaltungen durchführen zu können. Auch das verwahrlost wirkende Äußere des Elefanten soll in Angriff genommen werden.
Spätestens zum 12. Juni 2009 sollen die Arbeiten abgeschlossen sein: Dann findet im Rahmen des Kirchentags um den Elefanten herum das erste der jährlich geplanten Festivals „für Vielfalt, Toleranz und Kreativität“ statt. Auch der Unabhängigkeitstag von Namibia – der 21. März – soll fester Bestandteil des künftigen Elefanten-Lebens werden.
Zunächst könne nur die eigentliche Krypta genutzt werden, sagt Saxe. Dabei will der Verein eng mit dem Bremer Afrika-Archiv und dem vor zwei Jahren ins Leben gerufenen Schwachhauser „Kulturkataster“ – einem künstlerischen Stadtteil-Netzwerk – zusammenarbeiten. Um den deutlich größeren Wandelgang zugänglich zu machen, wären hingegen Baumaßnahmen erforderlich, für die bislang keinerlei Mittel zur Verfügung stehen. Der breite Gang ist zum Teil mit Geröll gefüllt und von etlichen Querverstrebungen verblockt. Einfacher erscheinen deswegen die Aktivitäten in den Außenanlagen. Derzeit gebe es auf dem ehemaligen Herdentor-Friedhof vor allem „problematische Nutzungen“, sagt Saxe. Eine davon ist die als Urinal für Freimarkt-Besucher. Für den geplanten „Sommergarten“ soll ein Küchen-Container aufgestellt werden.