: „Ich werde Frank Steffel unterstützen“
Der designierte CDU-Landeschef Joachim Zeller sieht derzeit keine Alternative zum Fraktionschef – trotz konstant schlechter Umfragewerte. Vom Haudrauf-Profil, das der Noch-Vorsitzende Christoph Stölzl zeichnet, hält er nichts
taz: Was ist am Frühjahr 2003 so anders als am Frühjahr 2002?
Joachim Zeller: Wieso anders?
Weil Sie damals nicht dauerhaft CDU-Landeschef sein wollten, jetzt aber kandidieren.
Damals war hier im Bezirk Mitte vieles noch ungeklärt
Was denn?
Ich war gerade als Bürgermeister wieder gewählt, wir waren hier im Umbruch nach der Bezirksfusion und selber in einer Findungsphase. Als dann Christoph Stölzl kam, waren wir in der CDU erst mal alle erleichtert, dass da jemand den Vorsitz übernehmen wollte und wir nicht weiter zu suchen brauchten.
Jetzt wollen viele Stölzl von vornherein nur kurzfristig als Parteichef gesehen haben.
Ich habe das nie so gesehen. Ich bin noch bis zum Montag davon ausgegangen, dass er im Amt bleiben will.
Wenn dem so ist und Sie sich erst dann entschieden haben zu kandidieren: Wieso hatten Sie noch nicht mal einen Tag später schon Kai Wegner als Generalsekretär an der Hand?
Viele Kandidaten kamen nicht in Frage, mit Kai Wegner hatte ich schon vorher intensiven Austausch – da bot es sich an, ihn gleich zu fragen.
Laut Stölzl muss der Landesvorsitzende – also künftig Sie – draufhauen und polemisieren. Das aber sind klassische Qualitäten eines Generalsekretärs, der Sie als Bürgermeister nach einer Absprache mit Grünen und PDS nicht sein dürfen.
Richtig, und diese Haudrauf-Mentalität ist auch nicht mein Naturell. Ich gleiche lieber aus.
Stölzl hat also ein falsches Jobprofil gezeichnet?
Ja, ganz klar. Die Rollenverteilung ist eine andere, fürs Polemisieren ist der Generalsekretär zuständig – und deshalb kann ich auch gleichzeitig Bürgermeister und Parteichef sein.
Stölzl ist auch mit dem Argument abgetreten, der Landesvorsitzende dürfe anders als er eine Spitzenkandidatur für die nächste Wahl zum Abgeordnetenhaus zumindest nicht ausschließen. Sie stehen also im Prinzip zur Verfügung?
Diese Dinge werden entschieden, wenn die Zeit gekommen ist. Dann werden die Rahmenbedingungen betrachtet und die Kandidatur festgelegt.
Entschuldigung, aber der Führungswechsel wurde so dargestellt, als ob die Wahl 2006 schon morgen ansteht.
Wer weiß, was in zweineinhalb oder drei Jahren ist. Meine Wahl zum Bürgermeister 1995 beispielsweise hat sich binnen Stunden entschieden. Man sagt in der Politik niemals nie – aber ich sage nicht, dass ich jetzt der Spitzenkandidat bin.
Was hören Sie denn von Fraktionschef Frank Steffel dazu?
Von einer Spitzenkandidatur spricht er nicht mehr. Im Gegenteil: Er hat in den letzten Wochen immer wieder gesagt, dass er es für sich für 2006 auschließt.
Werden Sie Steffel helfen, wenn er sich, wohl im Frühjahr 2004, zur Wiederwahl als Fraktionschef stellt?
Ich denke, dass er ein sehr guter Fraktionsvorsitzender ist.
Heißt das, Sie unterstützen aktiv seine Wiederwahl?
Ich werde ihn dabei unterstützen, weil ich in ihm einen fähigen Mann sehe, der noch eine Zukunft hat. Er hat Verantwortung übernommen, als sich viele andere verkrochen haben.
Steffel ist aber der mit Abstand unbeliebteste Spitzenpolitiker Berlins. Die Partei hingegen hat in den Umfragen zugelegt – und könnte ohne Steffel noch besser dastehen, meinen nicht wenige. Wie lange kann sich die Union das noch leisten?
Ich weiß nicht, ob es da eine unmittelbare Verknüpfung gibt. Ich sehe auch keinen, der derzeit den Fraktionsvorsitz von ihm übernehmen könnte.
Steffel und andere denken über Schwarz-Grün nach. Und Sie, als Bürgermeister von den Grünen mitgewählt?
Im Bezirk kommt man schneller zusammen als auf Landesebene. Wir merken, wie die Schnittmenge in vielen Politikfeldern immer größer wird. In Berlin ist die Situation aber noch von der Vergangenheit geprägt. Die Grünen, das war eben die Alternative Liste, die wesentlich fundamentalistischer war als die Grünen in Baden-Württemberg oder NRW. Und auch die Union hat natürlich aus der Geschichte heraus gewisse Hardliner-Kompetenzen ausgebildet. Das gilt besonders für die Innenpolitik, wo wir noch weit auseinander liegen.
Lässt sich das bis zur nächsten Wahl verändern?
Ob die Gräben 2006 noch so tief sind, dass wir nicht zusammenkommen können, muss sich dann erweisen. Ein Dialog, auch wenn ihn Herr Ratzmann (der grüne Fraktionschef Volker Ratzmann, d. Red.) derzeit noch unerotisch findet, ergibt sich zwangsläufig. Und dann wird der Wähler ein Votum abgeben, das Parteien zur Zusammenarbeit zwingt und auch zur Koalition.
Um sich Schwarz-Grün zumindest offen zu halten, ist es doch das falsche Signal, Kai Wegner, für die Grünen ein rotes Tuch, zum Generalsekretär zu machen.
Natürlich wird jetzt gesagt: Mit dem können wird nicht, überhaupt nicht. Ich weiß nicht, ob das auf Dauer so bleibt. Wir machen unsere Personalfragen nun mal nicht von den Erwägungen anderer Parteien abhängig.
Sie selbst sind der erste Ostdeutsche, den die Berliner CDU an ihre Spitze wählen soll. Ist das für Sie im Jahr 13 nach der Einheit noch etwas Besonderes?
Für den einen oder anderen vielleicht schon, für mich nicht.
Wieso nicht?
Ich bin seit 1991 in der CDU, seit Jahren stellvertretender Vorsitzender, es hat niemand etwas dabei gefunden, als ich kommissarischer Generalsekretär und Landesvorsitzender wurde. Ich hab keine Ressentiments gespürt. Vielleicht hat sich der eine oder andere seinen Teil gedacht – in Wahlergebnissen habe ich das jedenfalls nicht mitbekommen.
INTERVIEW: STEFAN ALBERTI