„Investitionen in Öl nützen gar nichts“

Der indonesische Experte Emil Salim hält die Kreditpolitik der Weltbank für wenig hilfreich im Kampf gegen Armut

taz: Ihr Vorschlag zur Energiewende stößt beim Management der Weltbank auf wenig Gegenliebe. Wie wollen Sie es überzeugen?

Emil Salim: Die Weltbank steckt 94 Prozent ihrer Energiemittel in fossile Energien. Dahinter stehen Konzerne wie BP, Exxon Shell. Die sind groß genug und brauchen die Unterstützung der Weltbank nicht. So bleiben aber gerade mal 6 Prozent für erneuerbare Energien wie Sonne oder Wind. Mehr gehe nicht, das Budget sei limitiert, argumentiert die Weltbank gerne. Dabei muss sie einfach nur umverteilen.

Sie wollen doch nicht nur umschichten, sondern auch aus der Ölfinanzierung aussteigen?

Ja, aber schrittweise. Wir starten 2004 und kappen die Finanzierung von Öl und Gas jedes Jahr um 20 Prozent. Das Geld fließt stattdessen in umweltfreundlichere Techniken.

Ihre Kritiker halten Sie für nicht objektiv und meinen, Sie hätten nur für erneuerbare Energien ein offenes Ohr.

Die Erneuerbaren rechnen sich nicht, meint die Weltbank. Und sie irrt. Denn sie berücksichtigt die externen Kosten der fossilen Energien durch Umweltverschmutzung nicht. So fördert sie eine völlig verzerrte Preisstruktur. Kein Wunder, dass niemand in Windkraft und Sonnenergie investiert. Außerdem: Nimmt die Weltbank die Nachhaltigkeit und Armutsbekämpfung wirklich ernst, muss sie jetzt in die Erneuerbaren investieren.

Warum?

China, Indien und Ostasien werden in den nächsten Jahren Wachstumsmotor für die Welt sein. Was passiert, wenn der wachsende Energiehunger durch fossile Brennstoffe gedeckt werden soll? Wo bleibt da die Verantwortung der Weltbank?

Ihre Gegner argumentieren anders: Die Entwicklungsländer seien auf die Exporte von Öl angewiesen – weil es ihre einzige Ressource sei.

Die ärmsten Länder fordern ein Engagement für die Entwicklung ihres Landes. Doch die Weltbank investiert in Öl. Damit unterstützt sie nur die importierenden, zumeist industrialisierten Länder. Das ist keine Strategie gegen die Armut. Stattdessen wird Geld gebraucht für Landwirtschaft, Bewässerung oder Infrastruktur. Nur das hilft der einheimischen Wirtschaft.

Die Weltbank ist für diese Wende offenbar noch nicht reif. Der Baku-Ceyhan-Ölpipeline durch den Kaukasus hat sie erst vor kurzem zugestimmt.

(lacht) Das war, bevor sie meinen Report hatten. Im Ernst, die Schlüsselfigur ist James Wolfensohn, der Weltbankchef. „Die Welt braucht ein neues Gleichgewicht“, hat er auf der letzten Tagung von Weltbank und IWF in Dubai gefordert.

Möglich, dass Mister Wolfensohn hinter Ihnen steht. Er geht aber nächstes Jahr in Rente.

Eben. Will er sich nicht wie ein gewöhnlicher Chef nach dem Prinzip „Der eine geht, der andere kommt“ verabschieden, sollte er die nächsten 15 Monate nutzen – und den Weltbank-Kurs ändern.

Er entscheidet aber nicht, sondern der Vorstand.

Stimmt. Darum werbe ich jetzt bei allen Vertretern für mein Anliegen. Nach meinem Eindruck hat kaum jemand den Bericht richtig gelesen.

Und was erwarten Sie vom drittgrößten Kapitaleigner der Weltbank, Deutschland?

Deutschland hat sich den erneuerbaren Energien bereits verschrieben und richtet dazu im Juni eine internationale Konferenz aus. Es wäre deshalb nur konsequent, würde die Regierung meine Empfehlungen massiv unterstützen.

INTERVIEW: HANNA GERSMANN