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Archiv-Artikel

Bremen 2024 Spitze

Bildungsforscher lobt Entwicklung der Bremer Schulen und kann wenig mit Kritik am PISA-System anfangen

Allerdings: Durchs PISA-Raster fallen die Kinder an den Förderschulen

Über Lehrermangel konnte sich Olaf Köller bei seiner Einschätzung der Bremer PISA-Ergebnisse nicht beschweren. Im gut gefüllten Rathaussaal wollten vor allem viele Pädagogen zuhören. Der Direktor des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) zog Bilanz.

Sie fiel positiv aus, obwohl Bremen auch im dritten Ländervergleich den letzten Platz belegt. Dennoch seien die Abstände in allen drei getesteten Bereichen – Naturwissenschaften, Mathematik und Lesen – kleiner geworden, so Köller. Besonders auffällig: im Vergleich zur ersten Datenerhebung von 2000 gebe es in Bremen deutlich weniger Schüler mit verzögerter Schullaufbahn. Köller führt diese Entwicklung auf abnehmende Schülerzahlen zurück. Dadurch seien die Schulen eher interessiert, versetzungsgefährdete Schüler mitzunehmen und frühzeitig zu fördern.

Die PISA-Ergebnisse seien als Ansporn zu verstehen, sich weiter zu bemühen. Schließlich gebe es erheblichen Raum nach oben. Ein großes Problem stelle nach wie vor die Situation der Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund dar. Neben einer gezielten Sprachförderung sei dafür eine ausgewogene Zusammensetzung der Klassen gefragt. Die Probleme der Schüler dürften nicht durch eine integrationshemmende Lernatmosphäre gefördert werden. Einer „Migranten-Quote“ erteilte der IQB-Chef dennoch eine Absage.

Im bundesweiten Vergleich müssten die unterschiedlichen Ausgangsbedingungen berücksichtigt werden. Obwohl die Chancen von Arbeiterkindern, das Gymnasium zu besuchen bundesweit gestiegen seien, wirke sich das Einkommen der Eltern noch immer deutlich auf die Bildungssituation aus.

Gewinner von PISA 2006 sind die neuen Bundesländer. Ursachen dafür laut Köller: Dort wurde frühzeitig das zweigliedrigen Schulsystem eingeführt. Zudem profitierten die Ostländer von der Tradition der polytechnischen Oberschulen der DDR. Diese sollten „keine Verlierer produzieren“.

Köller bezeichnete es als Illusion auf strukturelle Reformen zu vertrauen. Entscheidend sei die Professionalisierung der Lehrkräfte. Wie sonst sollen sie in der Lage sein, die zunehmend heterogenen Klassen angemessen zu betreuen? Es sei wichtiger, sich auf die Qualität des Unterrichts zu konzentrieren, als über Sinn und Unsinn der Hauptschulen zu diskutieren. Auf zusätzliche Lernzeit, etwa am Nachmittag, könne in keinem Fall verzichtet werden.

Am Ende mochten nicht alle Zuhörer den positiven Gesamteindruck Köllers teilen. Kritisiert wurde, dass die Kinder an den Förderschulen aus dem Raster fallen. Diese Schulform als „andere Welt“ wahrzunehmen, trage zur Ausgrenzung besonders benachteiligter Schüler bei. Köller wies darauf hin, dass PISA als Testprogramm der OECD nur auf Schüler abziele, die für den Arbeitsmarkt in Frage kommen: „PISA ist nicht alles“.

STEVEN HEIMLICH