Promis für den Präsidenten

Was die CSU 1999 mit dem Rodler Hackl konnte, kann 2004 auch die CDU in Berlin: Wintersportler den Bundespräsidenten wählen lassen! So soll Eisschnellläuferin Pechstein für Horst Köhler stimmen

VON STEFAN ALBERTI

Auch wenn eine Direktwahl des Bundespräsidenten weiter fern ist: Es sind durchaus nicht nur Abgeordnete und Politprofis, die am 23. Mai in der Bundesversammlung das Staatsoberhaupt wählen. Unter den 24 Berliner Delegierten sind sieben Männer und Frauen, die auf andere Weise bekannt wurden. Dabei ist auch eine Wintersportlerin: So wie die CSU vor fünf Jahren den Rodel-Olympiasieger Georg „Schorsch“ Hackl nominierte, schickt die Berliner CDU dieses Mal die mehrfache Eisschnelllauf-Olympiasiegerin Claudia Pechstein.

Die nur alle fünf Jahre zur Wahl tagende Bundesversammlung besteht laut Grundgesetz aus den 603 Bundestagsabgeordneten und einer gleich großen Zahl von Mitgliedern, die von den Landtagen bestimmt werden. Die 24 Berliner Plätze verteilen sich proportional auf die Fraktionen: acht für die SPD, je sechs für CDU und PDS, je zwei für Grüne und FDP.

Wie die ihre Plätze besetzen, steht ihnen frei. Die Nominierten müssen lediglich zum Bundestag wählbar sein. Die Wahlmänner und -frauen der Sozialdemokraten sind zu einem Viertel keine Politprofis, bei CDU, Grünen und FDP jeweils die Hälfte. Aus dem Rahmen fällt die PDS: Sie fährt ihre geballte Parteiprominenz auf: die drei Senatoren Harald Wolf, Thomas Flierl und Heidi Knake-Werner, ihren Fraktions- und Landeschef Stefan Liebich, ihre frühere Ikone Gregor Gysi und ihre Spitzenkandidatin für die Europawahl Sylvia-Yvonne Kaufmann. „Weil wir als Partei bundesweit momentan kaum wahrgenommen werden, war es uns wichtig, als PDS erkennbar zu sein“, begründet Liebich.

Die SPD handelte sich Kritik von der CDU ein, weil sie ihren wegen der Tempodrom-Affäre unter Beschuss geratenen Landeschef Peter Strieder nominierte. „Ein solches Gebaren schadet dem Ansehen der Politik“, moniert CDU-Landesgeschäftsführer Matthias Wambach.

Die Grünen, die bei der Wahl 1999 keine Parteiprofis für die Bundesversammlung nominierten, stellten jetzt den Bundesvorsitzenden Bütikofer auf. Die Fraktion folge damit einem Wunsch des Bundesvorstands, hieß es. Die zweite Vertreterin, Bilkay Öney vom Verein „Immigrün“, passt genau in die sonst gewünschten Kriterien: Frau, Migrantin, Bürgerrechtlerin.

Bei der Nominierung spielt grundsätzlich die Frage mit: Woher die Sicherheit nehmen, dass die Nicht-Politprofis im Parteisinne stimmen? „Wir haben nicht mit einem Wort mit den Kandidatinnen darüber gesprochen, wen sie wählen sollen“, beteuert SPD-Fraktionssprecher Peter Stadtmüller. Für sie sollen die Journalistin Brigitte Grunert und die Sportwissenschaftlerin Gudrun Doll-Teppert stimmen. Natürlich wisse man von beiden, „dass sie der SPD nicht mit Abscheu begegnen“.

Auch der von der FDP nominierte neue Vorsitzende der jüdischen Gemeinde, Albert Meyer, ist zwar letztlich frei in seiner Wahlentscheidung. „Er hat mir aber gesagt, dass er Horst Köhler unterstützt“, sagt Fraktionschef Martin Lindner. Man habe einen Liberalen gesucht, und dazu müsse man nicht unbedingt ein FDP-Parteibuch in der Tasche haben.

Ähnlich handhaben es die anderen Parteien. CDU-Fraktionschef Nicolas Zimmer suchte nach Persönlichkeiten, die sich gesellschaftlich verdient gemacht hätten. Dass Pechstein der CDU nahe steht, habe sich schon 2001 gezeigt, als sie den Wahlkampf des damaligen Spitzenkandidaten Frank Steffel unterstützte.

Bei Kulturmäzen Peter Raue sei das Engagement für die aktuelle MoMA-Ausstellung ausschlaggebend gewesen. Für Alexander Iljinskij, Intendant des Friedrichstadtpalasts, unter anderem die „Ostkomponente“. Alle drei hätten zumindest mit Kandidat Schäuble kein Problem gehabt. Für Köhler gelte: Bei Bedenken Bescheid geben. Zimmer: „Bis jetzt hat sich noch keiner gemeldet.“