piwik no script img

Archiv-Artikel

Smarties schnuppern

Senatoren machten demonstrativ beim TöchterTag mit. Geteiltes Echo an den Schulen. Organisatoren sprechen von 1600 Teilnehmerinnen

Viele Mädchen der 6. und 7. Klassen haben sich beteiligt. Viele aber auch nicht

von KAIJA KUTTER

Das hatte es bei den „TöchterTagen“ 2001 und 2002 nicht gegeben. Demonstrativ stellte sich die Senatorenriege gestern mittag auf die Rathaustreppe und ließ sich mit Schülerinnen fotografieren, die sie an diesem Donnerstag bei der Arbeit begleiteten.

Im Vorwege gab es Zweifel, ob der Senat diesen inzwischen auch bundesweit veranstalteten Mädchenzukunftstag, an dem Töchter ihre Eltern oder andere Erwachsene zur Arbeit begleiten, unterstützt. So hatte der Sprecher der Bildungsbehörde, Alexander Luckow, gesagt, die Behörde verbiete den Tag zwar nicht, es werde aber „keine Förderung hier im Haus stattfinden“. Zuvor hatte Schulrat Norbert Rosenboom vor Elternräten berichtet, es gebe in der Behörde keine ungeteilte Akzeptanz für den TöchterTag. Andererseits hatte Familiensenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) die Schirmherrschaft übernommen.

„Ich habe den Eindruck, dass sich die Bildungsbehörde aus diesem Projekt verabschiedet“, sagt die SPD -Bürgerschaftsabgeordnete Britta Ernst, die eine Kleine Anfrage zum Thema stellte und die Antworten – es ist jeder Schule freigestellt, ob sie mitmacht – als „milde Distanzierung“ wertet.

„Es werden in diesem Jahr nicht weniger sein, die mitmachen“, sagt dagegen Christine Greven von der „Jugendbildung Hamburg“, die den Tag gemeinsam mit dem Senatsamt zur Gleichstellung organisiert. Gegen nachmittag sprachen die Organisatorinnen von 1600 Teilnehmerinnen. Die Schulbehörde geht von höheren Zahlen aus.

Erfreut sind die Organisatorinnen vor allem von der positiven Resonanz der Firmen. Auf ihrer Homepage www.mit-mut.de sind vom Haarwaschmittelkonzern bis zum Wetterdienst 48 Unternehmen aufgeführt, die gestern Mädchen einluden und auch öffentlich zum Engagament stehen. Bei der Hochbahn waren an die 100 Schülerinnen zu Gange, eine kleine Gruppe von 15 Mädchen dürfte sogar selber U-Bahn fahren. Beim Nestlé-Schokoladenwerk in Wandsbek – das unter anderem Smarties herstellt – durften Mädchen Schokoladenduft schnuppern und den hochtechnisierten Produktionsprozess begleiten. Statt Fließbandarbeiterinnen werden dort heutzuge qualifizierte Süßwarentechnikerinnen gebraucht, die die Maschinen bedienen. Auch im Rathaus brachten viele Mitarbeiter ihre Töchter mit, Fraktionen von GAL, SPD und FDP luden Schülerinnen ein, den Politalltag zu begleiten.

An den Schulen gab es jedoch ein geteiltes Echo. „Wir haben das nicht aktiv unterstützt, weil wir genug am Hals haben“, sagt der Leiter einer Horner Realschule. Mit neuen Bildungsplänen, Lehrerarbeitszeitmodell und Leistungs-Tests werde den Schulen gerade „viel zugemutet“.

„Viele Mädchen der 6. und 7. Klassen haben sich beteiligt. Viele aber auch nicht“, sagt der Leiter der Winterhuder Heinrich Hertz Gesamtschule, Gerd Augustin. Manchen Mädchen habe vielleicht der Mut gefehlt, eine Firma zu suchen. Augustin räumt ein, dass er aus dem Tag „keine große Schulaktion“ gemacht habe und Aktionen besser fände, die „nicht nur für Mädchen sind“. So gäbe es bewährte Praktika in Klasse 9 und 10. Auch seien die zurückbleibenden Jungen wenig motiviert und fänden es teilweise „ungerecht“ dass sie Unterricht haben und die Mädchen nicht.

„Es steht den Schulen frei, an diesem Tag etwas Interessantes für Jungen zu entwickeln“, hält GAL-Politikerin Verena Lappe dem entgegen. So könnten sie doch jungsuntypische Berufe erkunden. Doch die massenhafte Besichtigung von Altenheimen oder Kindergärten blieb gestern aus.