: Wie geht es uns Herr Küppersbusch?
Die Frage, wer unser nächstes Staatsoberhaupt wird, erregt die Nation. Warum eigentlich? Zum nervenschwachen Wilhelm oder zum senilen Hindenburg hat bisher kein Amtsinhaber hinuntergereicht. Immerhin
taz: Was war schlecht in der letzten Woche?
Friedrich Küppersbusch: Das Wetter hier. Deshalb war ich ja auch woanders im Urlaub.
Was wird besser in dieser?
Die Vorfreude auf den nächsten Urlaub.
Die ganze Nation war, von Bild bis Süddeutscher, kollektiv so empört wie seit dem Wembley-Tor 1966 nicht mehr: Unwürdig sei das Geschacher um die Bundespräsidentschaft gewesen. Schon wahr – aber war das eigentlich je anders? Und ist so viel Moral an diesem Orte nicht etwas blauäugig? Was erwartet man denn, wenn man diesen Job Parteipolitikern überlässt, die stets eigene taktische Interessen verfolgen?
Die Herkunft des Jobs macht es schwierig: Der deutsche Bundespräsident ist Enkel der Monarchie und Sohn der Präsidialdiktatur. Zum nervenschwachen Wilhelm oder zum senilen Hindenburg hat bisher kein Amtsinhaber hinuntergereicht, immerhin. Aber – in der Folge der aristokratischen und dann der militärischen Elite erwartet man wohl stets einen Vertreter der demokratischen Elite, der parlamentarischen Aristokratie. Das mag ein bisschen viel verlangt sein für die vergleichsweise kurze demokratische Geschichte Deutschlands. Unterm Strich bleibt die Sehnsucht nach dem Erbweizsäckertum, da ist alles mit drin.
And the winner is – Angela Merkel. Oder? Gab es in der bundesdeutschen Politik schon mal eine so raffinierte Politikerin wie Angela M.?
Hach, da kann ich nicht widerstehen: Ich habe sie vor vier Jahren in dieser Zeitung die meistunterschätzte Politikerin Deutschlands genannt, und im Moment sieht es ganz clever aus, dabei zu bleiben.
Wie wär es mit einem direkt vom Volke gewählt Bundespräsidenten? In Österreich funktioniert das, ohne dass dort Totalausfälle ins Amt gehoben werden? Wäre es nicht Zeit, das Weimarer-Republik- und Hindenburg-Trauma in die Mottenkiste zu packen?
Äh … Waldheim ? Aber davon ab: Wenn’s offenbar vergleichsweise wurst ist, wer bundespräsidert – wofür dann noch dieses Amt ? Gesetzt, uns fehlt weder Monarch noch starker Mann, dann sollten wir uns das Geschacher ganz ersparen. Die Funktion „Notar der Demokratie“ kann fachlich besser die Spitze des Verfassungsgerichts erfüllen; ein selbstbewusster Parlamentarismus ist besser durch das Bundestagspräsidium vertreten. Bliebe nur Funktion Nr. 3: spiritueller Gegenkanzler …
Aha … Sie sind also enttäuscht, dass Schäuble nicht Bundespräsident wird?
Der kategorische Schröderativ – handle jederzeit so, dass aus deinem Handeln eine positive Bild-Schlagzeile abgeleitet werden könnte – dürstet gewiss nach einem soliden Grundlinienspieler als Ergänzung. Schäuble ist nicht durch Wankelmut oder Prinzipienlosigkeit aufgefallen. Herr Westerwelle beansprucht, dies unter schnatterndem Wedeln mit Baumeister-Unterhosen verhindert zu haben. Eine Sternstunde der organisierten Liberalität – nützliches Instrument von Frau Merkel.
Ist Horst Köhler nun das Symbol für den Angriff der Ökonomie auf die übrige Gesellschaft?
Keine Ahnung, er ist mir ein präsidiales Ü-Ei. Im Ausland wird man es vielleicht als Lernhilfe sehen – Kohl, Köhler, am hm.
Köhler und Gesine Schwan sind beide keine klassischen Politiker. Offenbar ein verstecktes Zeichen, dass die politische Klasse sich selbst das Amt nicht zutraut. Oder?
Bei Los Unbekanntos kann man hinterher immer noch sagen: „Na, da hamwermal danebengegriffen, auch wurscht.“ Bei Heiner Geißler, Antje Vollmer, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Peter Glotz – nach und nach fallen einem doch ein paar Namen ein – hätte man Mut haben müssen.
Die Union will offenbar den Kündigungschutz vier Jahre lang abschaffen, für Ältere ganz. Kann es sein, dass die Union recht unbemerkt derzeit „thatcherisiert“ und nach dem Untergang der Blüm-und-Geißler-CDU still und leise dorthin schleicht, wo die FDP schon ist?
Dahin gehen, wo die FDP schon ist – eine reizvolle Vorstellung: Die komplette CDU im Nirvana. Inhaltlich ist der Durchmarsch des Neoliberalismus weitgehend vollzogen; von der FDP kommen diesbezüglich keine gedankenklaren Anregungen mehr. In der Sache mag ich keine Mitarbeiter mit Schnellfeuergewähr, sondern setzte lieber auf gute Leute.
Wenn ja – warum ist Rot-Grün so unfähig dagegenzuhalten und damit zu punkten?
… noch mal: weil wir es mit vier unterschiedlich ausgeprägten, tendenziell aber marktliberalen Parteien zu tun haben.
Und was macht Borussia Dortmund?
Werbung für Bochum, wieder.
FRAGEN: SR