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Archiv-Artikel

Rüffel aus Teheran – Botschafter soll gehen

Diplomat Maltzahn fällt in Ungnade: Iran will ihn ausweisen, weil er einen berühmten Regimekritiker traf

BERLIN taz ■ Der deutsche Botschafter in Teheran, Paul Freiherr von Maltzahn, soll zur Persona non grata erklärt worden sein. Er werde bald ausgewiesen und durch einen neuen Diplomaten ersetzt, berichtete die iranische Tageszeitung Keyhan am Samstag.

Grund für die Missstimmung war ein Besuch des Botschafters bei Großajatollah Hussein Ali Montazeri, einem der schärfsten und einflussreichsten Kritiker der konservativen Islamisten.

Der prominente Geistliche war zu Beginn der Revolution der engste Gefährte Ajatollah Chomeinis, der ihn zunächst zu seinem Nachfolger ernannte.

Als Montazeri jedoch die Vorgänge im Land, insbesondere die Folterungen und Massenhinrichtungen in den Gefängnissen, kritisierte, fiel er in Ungnade. Er musste Jahre im Hausarrest verbringen. Erst seit kurzem ist dem Regimekritiker wieder der Ausgang erlaubt. Von Maltzahn ist der erste westliche Diplomat, der den Großajatollah in Ghom aufsuchte. Unklar bleibt, wer den Besuch arrangiert hat. Das Teheraner Außenministerium dementiert, das Treffen genehmigt zu haben.

Nach Presseberichten haben die Männer über die USA, Israel, das Judentum und Irak gesprochen – die derzeit heikelsten Themen in der Islamischen Republik. Auch die umstrittenen Wahlen sollen bei dem Meinungsaustausch zur Sprache gekommen sein: Montazeri soll dem Deutschen Bundestag für dessen Solidarität mit Parlamentsabgeordneten gedankt haben, deren erneute Kandidatur für einen Sitz im Parlament verboten worden war.

Die Konservativen reagierten wie erwartet empört auf den Besuch. Rechte Zeitungen sprachen von einer Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Landes. Die Tageszeitung Djomhuri-e Eslami, die als Sprachrohr des Revolutionsführers gilt, schrieb: „Deutschland hat in den letzten Monaten den guten Willen Irans in unverschämter Weise ausgenutzt und sich in Angelegenheiten, die die nationale Sicherheit Irans gefährden, eingemischt.“ Deutschland brauche „mal wieder einen Rüffel“, forderte das Blatt.

Indes meldete die reformierte Tageszeitung Schargh am Sonntag unter Berufung auf den iranischen Vizepräsidenten Mohammad Ali Abtahi, Teheran habe nicht die Absicht, den deutschen Botschafter auszuweisen. Von deutscher Seite hat bislang niemand zu dem Vorfall Stellung genommen. BAHMAN NIRUMAND