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Archiv-Artikel

Neue Kampagne verwirrt im Fernsehen

Ein Verein namens „BürgerKonvent“ regt sich über die Rente auf – und schaltet Filmspots sowie große Anzeigen

BERLIN taz ■ Erst tauchen zerstörte Häuser auf, dann die Trümmerfrauen. Aus dem Off wird daran erinnert, dass Engländer und Amerikaner dachten, es würde 30 Jahre dauern, bis Deutschland wieder aufgebaut wäre. Irrtum. Schon nach wenigen Jahren kam das Wirtschaftswunder. Und heute?, fragt der Fernsehspot weiter. „Heute bekommen die Deutschen noch nicht einmal eine Rentenreform hin.“ Was ist da los, fragt ein neu gegründeter BürgerKonvent in ganzseitigen Zeitungsanzeigen und mehrminütigen Fernsehfilmchen.

Hinter der klotzigen Kampagne „gegen den Reform- und Wahrheitsstau“ steckt Meinhard Miegel. Er beriet bis 1977 Kurt Biedenkopf in der CDU-Geschäftsstelle, seither leitet er das Institut für Wirtschaft und Gesellschaft. Außerdem ist er wissenschaftlicher Berater des Deutschen Instituts für Altersvorsorge, das sich für die private Rentenversicherung einsetzt. Zur Freude der Deutschen Bank, die solche Produkte vertreibt. Miegel bezeichnet die Rente als Rache der Alten an den Jungen und ruft den Politikern „Unsinn“ entgegen, wenn sie die Sozialsysteme für sicher erklären.

Jetzt ist er zum Sprecher des BürgerKonvents berufen worden. Vereinsvorsitzende sind der Politikprofessor Gerd Langguth, zu dessen Themenschwerpunkten auch die CDU gehört, sowie der Rechtsanwalt Andreas Busse. Wenn man Langguth nach den konkreten Forderungen des Vereins fragt, dann verweist er auf die Bücher von Miegel. Zur Finanzierung der Kampagne schweigt man sich beim Konvent lieber aus: „private Spenden von Mitgliedern und interessierten Bürgern“ hätten für die Bezahlung der großformatigen Annoncen und aufwändigen TV-Spots ausgereicht.

Allerdings soll aus dem Konvent mehr werden. Gerd Langguth spricht vom „Beginn einer „Grassroots“-Bewegung“. Auch bei den Grünen hätte man ja erst nicht gewusst, wohin die Reise geht. Lord Dahrendorf werde bald zweiter Vereinssprecher.

Auf seiner Homepage kommt der Konvent daher wie Attac für Rentner. Mit vielen juristischen Hinweisen versehen, aber nicht ohne Wut auf die Verhältnisse: Jahrzehntelang gegebene Versprechen könne die Politik nicht halten. Der Konvent fordert eine steuerfinanzierte Grundrente, aufgestockt durch private Vorsorge.

„Deutschland ist besser als jetzt“, lautet die Botschaft. Damit ist anscheinend eine Reise in die Vergangenheit gemeint, wie der Trümmerfrauen-Spot suggeriert. Die Rente ist aber ein Problem der Zukunft. MAREKE ADEN