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Archiv-Artikel

Absolut glaubwürdig

1860-München-Präsident Karl-Heinz Wildmoser: Gerade noch in Stadelheim im Loch, jetzt schon auf einer breit angelegten Public-Relations-Tour durch die Wohnzimmer der deutschen Fußballfreunde

VON PETER UNFRIED

Karl-Heinz Wildmoser (64) ist ein Vollprofi. Und deshalb leistet der amtierende Präsident des Fußball-Bundesligisten 1860 München Aufklärungsarbeit seit der Sekunde, da er die Vollzugsanstalt Stadelheim (bis auf Widerruf) verlassen durfte. Wildmoser, mit seinem gleichnamigen, aber geständigen Sohn angeklagt der Bestechlichkeit im Zusammenhang mit dem Münchener Stadionbau, kam am Freitagnachmittag zum Hintereingang raus. Dort wartete eine Art Reporter vom Deutschen Sport-Fernsehen (DSF).

Um den Charakter Wildmosers zu beschreiben, wird gern erzählt, er habe einen Untergebenen, der ihm seine runtergerauchten Zigarettenstummel abnehme und im Aschenbecher ausdrücke. Um den Charakter dieses DSF-Journalisten zu beschreiben: Er überbot den Stummelausdrücker. Wildmoser gab sich entsprechend lustig und entspannt, lobte die Unterkunft und die netten Vollzugsbeamten in Stadelheim. Alles prima, nur einmal, so formulierte das der Vater neutral, „wurden Fehler gemacht“. Soweit man den Vater versteht, war der Fehler offenbar ein geschäftliches Dilettieren des Juniors (40), aus dem akute Geldnot entstand, die er dann illegal lindern wollte.

Wildmosers Darbietung wurde dann – wie beim Fußball ja notwendig – von einer Experten-Runde im Studio aufgearbeitet und analysiert. Wie auch die Vater-Sohn-Beziehung. Es stellte sich jedenfalls heraus, dass Wildmoser senior einst auch als Laienschauspieler große Erfolge feierte. Letztlich aber, so urteilte Deutschlands Branchenchefkritiker Paul Breitner, sei Wildmosers Auftritt „absolut glaubwürdig“ gewesen. Damit war der Senior praktisch freigesprochen – zumindest von diesem Format.

Weniger gut lief es dann Samstagnacht im ZDF-Sportstudio. Dort hatte sich der notorisch uninformierte Rudi Cerne offenbar vorgenommen, wenigstens ausnahmsweise mal „kritisch“ zu sein. Wildmoser war dann auch viel schlechter gelaunt als tags zuvor, zupfte sich dauernd am Hals und muffelte am Münchner OB, an Kalle Rummenigge und an der Süddeutschen Zeitung rum. Die hatte gemeldet, er habe Papiere abgezeichnet, auf denen teilweise ein Schmiergeldeingang aufgelistet gewesen sei.

Ein „Käsblatt“ sei das. Schlimmer: „Keine Ahnung vom Sport“. Irgendwann hatte er sich so geärgert, dass er gar Franz Beckenbauer anpinkelte. Auch „der Franz“ habe ja einst „wegen einer Steuersache nach New York fliehen müssen“. Sachlich völlig richtig, aber: „Na, na, na“, rief empört der Cerne. Schade, dass die Psychoanalytiker vom DSF jetzt nicht da waren. Der Franz ist schließlich das große Idol von Wildmoser. Es wäre zum Beispiel spannend gewesen, darüber zu sinnieren, ob man seinem Helden auch näher kommt, wenn man ihm im Schlechten nacheifert (evtl. was fürs Feuilleton!). Cerne ging nicht darauf ein, sondern konzentrierte sich voll auf seinen Schlussgag. Er wünschte Wildmoser, man möge auch künftig über ihn im „Sportstudio“ berichten „und nicht in ‚Aktenzeichen XY … ungelöst‘.“

Es ist kein gutes Zeichen, wenn schon ein Cerne auf einen eindrischt. Und so eilte Wildmoser zurück zum DSF, und zwar zum „Stammtisch“, wo man ihm gestern morgen duzend (Kicker-Chefredakteur Holzschuh) versicherte, wie lange man sich schon kenne. Teils wurden aber auch sachliche Antworten verlangt, worauf Wildmoser sich beleidigt über den dicken Bauch strich.

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