Kölns Jugendamt als Hilfspolizei

PDS und Flüchtlingsrat kritisieren Teile des Konzepts der Stadtverwaltung zum Umgang mit „Klau-Kids“ als rechtswidrig. CDU will mit Konzept die Flüchtlinge von Köln fernhalten

Köln taz ■ Das neue Stufenkonzept der Verwaltung zur Verhinderung von Straftaten von so genannten „Klau-Kids“ verstößt nach Auffassung der Kölner PDS gegen geltendes Recht. Das gab PDS-Ratsherr Jörg Detjen gestern im Ausschuss für Allgemeine Verwaltung und Rechtsfragen zu Protokoll. Die Verwaltung muss den Vorwurf prüfen und beim nächsten Mal Bericht erstatten.

Der Stein des Anstoßes findet sich in „Stufe 1“ des Papiers. Darin regt die Verwaltung intensive Kooperationen und Datenaustausch zwischen diversen städtischen Behörden an. Damit sollen eventuelle Gesetzesübertretungen von Flüchtlinge möglichst umfassend aktenkundig werden, um eine rasche Abschiebung rechtfertigen zu können. Zu diesem Zweck konstatiert die Stadt: „Jugendamt und Ausländeramt überprüfen gemeinsam die Familienverbände, um vorsätzlich fehlerhaft gemachte Angaben aufzudecken und strafrechtlich zu verfolgen.“

Das aber hält Michael Weisenstein, jugendpolitischer Sprecher der Kölner PDS, für „rechtswidrig, da gibt es gar keine Diskussion“. Denn Mitarbeiter der Jugendhilfe dürften laut Paragraph 65 des Strafgesetzbuchs nur dann Informationen über die von ihnen betreuten Familien weitergegeben, wenn dies zum „Wohl des Kindes“ notwendig sei. „Sonst wird das Jugendamt zur Ermittlungsbehörde – und das ist sie nicht“. So sieht das auch Klaus Riekenbrauk, Professor für Strafrecht und Jugendhilferecht an der Fachhochschule Düsseldorf. Es verstoße gegen die Datenschutzvorschriften, wenn Sozialarbeiter oder Sozialpädagogen des Jugendamts, die in der Regel einer Schweigepflicht unterlägen, Daten an andere Behörden weitergeben.

Auch Claus-Ulrich Prölß vom Kölner Flüchtlingsrat kritisiert, die Stadt betreibe mit diesem Passus eine „Instrumentalisierung des Jugendamts als Hilfspolizei“. Ohnehin ist für Prölß die ganze Stoßrichtung des Konzepts höchst fragwürdig: Im Prinzip würden alle „unerlaubt Eingereisten“ pauschal als potenziell kriminell eingestuft. Tatsächlich steht als „Zielsetzung“ im Konzept: „Verhinderung des Umstands, dass Köln von kriminell auffallenden Flüchtlingsfamilien als bevorzugter Standort genutzt wird“.

Dass das Stufenkonzept vor allem dazu dient, Köln für Flüchtlinge „ungemütlich“ zu machen, gibt die Vorsitzende des Jugendhilfeausschusses, Brigitta Rademacher (CDU), offen zu. Ihre Partei sei „grundsätzlich“ gegen unerlaubt Eingereiste, „die wollen wir hier nicht“. Angesichts dessen kostete es die CDU sicher Überwindung, dem Konzept zuzustimmen. Denn in Stufe 4 setzt das Papier auch auf präventive Projekte wie Schaworalle. So soll versucht werden, Roma-Kinder und -familien in die Gesellschaft zu integrieren – anstatt sie als Kriminelle abzuschieben. Susanne Gannott