: Abstrakt, nicht akut gefährdet
Nach den Attentaten in Madrid: Niedersachsens Innenminister Schünemann ordnet „eine leichte Verstärkung“ der Sicherheitskräfte an. Cebit, Bahnhöfe und Konsulate werden stärker geschützt, alte CDU-Forderungen leben auf
aus Hannover Kai Schöneberg
Es geschah in Madrid – doch die Attentate in der spanischen Hauptstadt haben auch Auswirkungen auf Norddeutschland. Gestern Mittag stoppten in einer Schweigeminute Busse und Straßenbahnen in Hannover. Auch Polizisten ließen ihre Arbeit kurz ruhen – dafür werden gerade sie in den nächsten Tagen verstärkt zum Einsatz kommen.
Nach den Anschlägen gebe es zwar „keine geänderte Sicherheitslage“, betonte Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU). Wie nach den Attentaten vom 11. September 2001 sei die Gefahr derzeit nur „abstrakt“, nicht „akut“. Dennoch habe er eine „leichte Verstärkung der Sicherheitskräfte“ angeordnet. Sollte sich das Terrornetzwerk El Kaida als Urheber der Anschläge herausstellen, ergebe sich „eine besondere Situation“, weil die Fundamentalisten „dann erstmalig auf europäischem Boden zugeschlagen“ hätten, sagte Schünemann. Innenminister Otto Schily (SPD) hatte seine Länderkollegen am Wochenende in einer Telefonkonferenz über den Stand der Ermittlungen informiert.
Für „notwendig und richtig“ hält es Schünemann deshalb, dass Bahnhöfe und Flughäfen derzeit verstärkt bewacht werden. Nicht nur vor US-amerikanischen, britischen und israelischen Gebäuden patrouillieren nun Polizeistreifen, auch das spanische Generalkonsulat in Hannover werde „verstärkt bestreift“, sagte der Innenminister. Dabei handele es sich aber nur um eine „Vorsichtsmaßnahme“. Das italienische Generalkonsulat in Hannover hingegen wird derzeit nicht besonders geschützt. Auch die Zahl der Polizeibeamten bei der am Donnerstag beginnenden Computermesse Cebit werde „erhöht“, sagte Schünemann – genauere Zahlen wollte er nicht preisgeben.
Ein Sprecher der Messe erklärte dazu, es werde wie in den vergangenen Jahren „einen sichtbaren Teil und verdeckte Maßnahmen geben“. Eine Kontrolle aller Besucher sei jedoch fast unmöglich. Pro Tag bewegten sich auf dem Cebit-Gelände bis zu 210.000 Personen.
Die Lage sei „derzeit etwas angespannter“ als vor den Anschlägen, sagte Hannovers Polizeipräsident Hans-Dieter Klosa zur taz. Allerdings gehe er davon aus, dass „weder Cebit noch das spanische Generalkonsulat gefährdet sind“. Wie sich in Madrid gezeigt habe, konzentrierten sich die Täter auf besonders schwer zu schützende „weiche Ziele“ wie Bahnhöfe oder Kaufhäuser.
Auch die Verfassungsschützer sind alarmiert. Niedersachsen sei zwar kein Schwerpunktland für gewaltbereite Islamisten, man beobachte „die Entwicklung aber mit Sorge und sehr intensiv“, sagte eine Sprecherin.
Währenddessen stimmte Schünemann in den Chor der CDU-Innenpolitiker ein, die jetzt einstimmig härtere Maßnahmen gegen Terroristen fordern: So den Einsatz der Bundeswehr auch im Inland oder die Abschiebung von Ausländern schon beim Verdacht auf eine schwere Straftat. Auch den erneuten Einsatz der bislang erfolglosen Rasterfahndung auf der Suche nach extremistischen „Schläfern“ schließt Schünemann nicht aus: „Wenn es notwendig ist, muss man dieses Instrument auch einsetzen.“