: PDS: Vorwärts, wir müssen zurück
Der ehemalige und künftige PDS-Vorsitzende Lothar Bisky will die Reformer in die Partei zurückholen, die sich nach dem Katastrophen-Parteitag in Gera verabschiedet hatten
POTSDAM taz ■ Alter Mann löst junge Frau ab – so einen Wechsel kann niemand als überzeugenden Neuanfang verkaufen. Auch Lothar Bisky nicht, der am Mittwochabend von der PDS zum Nachfolger seiner Nachfolgerin Gabi Zimmer auserkoren wurde.
Deshalb versuchte der 61-Jährige gestern gar nicht erst, die „Ungewöhnlichkeit des Vorgangs“ schönzureden. Seine Entscheidung, im Juni wieder als Parteichef anzutreten, habe er „aus einer Notsituation heraus“ getroffen, sagte Bisky in Potsdam und fügte betont bescheiden hinzu: „Ich stelle mich der Verantwortung.“ Wie lange er amtieren möchte, ließ Bisky offen. „Ich werde erst mal für ein Jahr gewählt.“ Sein Ziel sei es, dass die PDS 2006 wieder in den Bundestag komme. Wenn dafür eines Tages „eine andere Mannschaft“ zur Verfügung stehe, wolle er „nicht im Weg stehen“.
Vorerst sieht Bisky seine Hauptaufgabe darin, die heillos zerstrittene Partei wieder einigermaßen zu befrieden. „Jetzt müssen wir es schaffen, dass der Krieg gegen die eigenen Genossen beendet wird.“ Beim letzten Parteitag im Oktober in Gera, als Gabi Zimmer gegen den Widerstand der Reformer wiedergewählt wurde, habe es, so Bisky, „Blessuren gegeben, die nicht nötig waren“.
Die Unterstützung der alten Garde um den PDS-Ehrenvorsitzenden Hans Modrow hat Bisky bereits sicher. Nun will er sich darum bemühen, dass auch die Reformer zurückkommen, die sich nach der Niederlage in Gera aus der Bundespolitik zurückgezogen hatten. Namentlich nannte er aber nur den Exbundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch und den früheren Fraktionschef Roland Claus.
Unklar war, wer künftig welchen Posten bekommen soll. Als einziges neues Vorstandsmitglied wurde gestern Mecklenburg-Vorpommerns Landesminister Wolfgang Methling präsentiert. „Ich habe auch schon andere Namen aufgeschrieben“, deutete Bisky an – er scheint darauf zu bestehen, sich sein Team selbst auszusuchen. Ein „Zufallsprinzip“ wie bei der letzten Vorstandswahl in Gera dürfe es auf keinen Fall wieder geben, forderte der brandenburgische PDS-Chef Christoffers. So habe Bisky „natürlich“ das Vorschlagsrecht für die Position des Bundesgeschäftsführers.
Und wie immer, wenn sich bei der PDS das Personalkarussell dreht, wurde Bisky natürlich auch gestern nach Gregor Gysi gefragt und natürlich versicherte Bisky, er wolle „auf ein solches Politiktalent nicht verzichten“. Schließlich sei er mit Gysi befreundet. Der einstige Star der PDS trug zum Neuanfang auf seine Weise bei. Er wünsche Bisky viel Glück, ließ Gysi wissen, „dennoch bleibe ich dabei, dass es ein Ausdruck der Schwäche ist, dass wir auf Lothar zurückgreifen müssen“. Wer solche Freunde hat, braucht keine Gegner.
LUKAS WALLRAFF