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Archiv-Artikel

Was dagegen tun

Erste Frühlingsakademie von Attac in Regensburg lotete Alternativen zur neoliberalen Globalisierung aus

REGENSBURG taz ■ Als Stephan Lindner vom Attac-Arbeitskreis EU gefragt wurde, warum er Handlungsmöglichkeiten alternativer Bewegungen optimistisch einschätze, gab er etwas naiv zur Antwort: „Ich glaube an das Gute im Menschen.“ Schlagfertig antwortete darauf Jörg Huffschmid von der Uni Bremen: „Ich glaube an das Böse im Menschen, deshalb bin ich optimistisch.“ Denn nur so könne er die internationalen Finanzakteure und die von ihnen erzeugten Strukturen richtig einschätzen.

Dieser Dialog war durchaus typisch für den Zusammenprall von jungen Aktivisten und etablierten Wissenschaftlern, die bei Attac ihre gemeinsame Heimat gefunden haben. In 60 Workshops und drei Podiumsveranstaltungen diskutierten insgesamt über 300 Menschen aus ganz Deutschland vom 15. bis zum 18. Mai in Regensburg über eine breite Vielfalt von Themen wie Gats, Krieg und Frieden, Finanzmärkte und den „Konzern Europa“.

Die erstmals stattfindende Frühlingsakademie zeigte, dass Attac sich mittlerweile stärker auf die Frage nach Alternativen zur neoliberalen Globalisierung konzentriert. Wolfgang Kessler, Chefredakteur der Zeitschrift Publik-Forum, stellte viele gute Beispiele gelungener Kooperation von Süden und Norden und alternativer Strategien vor. Wenn man bedenke, dass es oftmals 20 Jahre dauere, bis in der internationalen Politik Veränderungen durchgesetzt werden könnten, so sei es doch erstaunlich, wie schnell es Attac gelungen sei, die Fragen nach einer Regulierung der Finanzmärkte auf die Agenda zu setzen.

Vertreter von Attac Österreich, Schweiz und Frankreich waren Zeichen der europäischen Vernetzung, die ebenfalls einen Schwerpunkt des „Kongresses für eine gerechte Welt“ darstellte. Themen wie die Tobin-Steuer träten dadurch zurück, so die Kritik eines Teilnehmers. Oliver Moldenhauer vom Attac-Koordinierungskreis verneinte das entschieden. Es gäbe eine größere Aufteilung auf verschiedene Themen. Zudem sei die politische Szenerie angesichts der geringen Unternehmensteuern im Augenblick geeigneter für Kampagnen gegen Steueroasen. Sven Giegold vom Koordierungskreis zeigte am Beispiel des Bankgeheimnisses der Schweiz auf, wie Veränderung möglich sind. Zur Untersuchung illegaler Geldströme machte die USA schließlich so lange Druck auf die Schweiz, bis diese das Bankgeheimnis lüftete. Nur durch Druck bewege sich die Politik, auch dem von unten. Die nächste Gelegenheit dafür bietet sich vom 1. bis 3. Juni im französischen Evian zum Weltwirtschaftsgipfel der G-8-Staatschefs.

Wo also steht Attac heute? Mittlerweile wird von der Analyse zur Erfindung von Alternativen übergegangen, um so, wie Kessler meinte, „die Herrschenden zu provozieren“. Auch diesmal wollte Attac wieder den Beweis dafür antreten, dass politische Arbeit Spaß machen kann. Denn nur so könne das Böse im Menschen erfolgreich bekämpft werden. CORELL WEX

Website: www-attac-kongress.uni-regensburg.de