: „Iwan“ für SPD-Linke
Die SPD-Führung geht auf Kuschelkurs mit der renitenten Parteilinken: Millionenprogramm für Arbeitslose, Ausbildungsmuffel sollen zahlen
BERLIN dpa/taz ■ Die SPD-Spitze geht im Streit um die Agenda 2010 auf Parteilinke und Gewerkschaften zu. Zwei Punkte sollen nach dpa-Informationen die Sozialreformen begleiten: ein neues Programm für Langzeitarbeitslose mit einem Volumen von mehreren hundert Millionen Euro und eine Kammerabgabe von Betrieben, die nicht ausbilden. Beides soll heute bei der SPD-Vorstandssitzung in den Leitantrag für den Sonderparteitag am 1. Juni aufgenommen werden.
Am Wochenende wurden auch Einzelheiten eines Konzepts bekannt, das SPD-Generalsekretär Olaf Scholz federführend erarbeitet hat. Das 14-Punkte-Papier trägt die Abkürzung „Iwan“ – für die Begriffe „Innovation, Wachstum, Arbeitsplätze, Nachhaltigkeit“. Es soll als eine Art Nachfolgekonzept der Agenda 2010 den Umbau der Sozialsysteme fortsetzen.
Es sieht unter anderem höhere Steuern auf sehr große Erbschaften und Abgaben auf private Wertpapierverkäufe vor. Im Rahmen einer EU-weiten Regelung sollen Kapitalerträge höher besteuert werden. Reiche müssten für das Gemeinwohl also tiefer in die Tasche greifen. Das Konzept fordert außerdem höhere Ausgaben für Forschung und Bildung sowie Initiativen für eine beschäftigungsorientierte Geldpolitik.
Bei einem Treffen der Parteilinken in Frankfurt am Main stieß das „Iwan“-Konzept gestern auf Zustimmung. „Eine ganze Reihe positiver Elemente“ machte der Bundestagsabgeordnete Ottmar Schreiner aus. Ein Entgegenkommen bei der Agenda 2010 sei es jedoch nicht, sagte der Agenda-Kritiker. Wenn strittige Punkte wie die Privatisierung des Krankengeldes nicht geändert würden, sehe er nicht, „wie eine Zustimmung möglich ist“. Andrea Nahles, Sprecherin der SPD-Linken, wertete das Papier als Fortschritt. Damit werde langfristig auch das Konzept einer Bürgerversicherung angestrebt, so Nahles. Nach diesem Modell sollen künftig auch Beamte und Selbstständige in die gesetzlichen Sozialversicherungen aufgenommen werden.