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Archiv-Artikel

Pokal-Verlierer singen schon wieder laut

Mit dem Wind im Rücken gewinnt Borussia Mönchengladbach die zweite Halbzeit, und das Spiel gegen den HSV mit 3:0. Trainer Holger Fach stellt nach tagelangem Pokalfrust Forderungen an die Fans: „Etwas mehr Nachsicht“

BÖKELBERG taz ■ Die Gladbacher Fans sind bekannt als sangesfreudige Menschen. Ihrer glorreichen Mannschaft und sich selbst huldigend schmettern sie gern hübsche Titel wie: „Wo singen die Fans am Niederrhein so schon.“ Am Samstag jedoch traten die Borussia-Anhänger in einen Liederstreik. Das 0:1 von Mönchengladbach gegen den Zweitligisten Alemannia Aachen im Pokal-Halbfinale am Mittwoch hatte die Anhängerschaft des Traditionsklubs so sehr verärgert, dass sie die Mannschaft mit Missachtung straften. Vor dem Spiel gegen den Hamburger SV gab es deshalb keine Lieder, keine Unterstützung, dafür umso lautere Pfiffe für die schlappen „Pokalversager“ – Buhhh! Am Ende sangen die Borussia-Fans lauter denn je, waren wieder ganz, ganz glücklich.

Mönchengladbach besiegte den HSV dank einer Leistungssteigerung in der zweiten Halbzeit mit 3:0 und feierte damit den zweiten Sieg in der Rückrunde. Zwei Punkte Vorsprung hat der Tabellen-13. auf die Abstiegsplätze. Borussia-Trainer Holger Fach, der nach dem Debakel von Aachen allerlei Fan-Beschimpfungen hatte ertragen müssen (“Da waren Beleidigungen der übelsten Art dabei“), war ebenso froh wie erleichtert: „Meine Mannschaft hat alles gegeben und vieles richtig gemacht. Sie hat 100-prozentigen Einsatz gebracht. Wenn sie es immer so tut, werden wir die Klasse halten“, sagte er und wünschte sich: „Ein bisschen Nachsicht.“ Man solle nicht immer gleich mit Hohn und Spott reagieren, wenn es mal nicht klappt.

Die ersten 45 Minuten waren allerdings wenig aufbauend für Mönchengladbach. Bei strömendem Regen spielte die Borussia, bei der Stürmer Tomislav Maric anstelle von Arie van Lent in der Anfangsformation stand, mit Handicap, nämlich gegen den starken, böigen Wind. Und zunächst klappte kaum etwas. Gleich in der ersten Minuten hätte Igor Demo per Flugkopfball beinahe ein Eigentor erzielt. Danach entwickelte sich ein sehr unschönes Mittelfeld-Gebolze mit unzähligen Fehlpässen auf beiden Seiten. Mit lauten Pfiffen schickten die Zuschauer die Mannschaften in die Kabine.

Mit einer rasanten zweiten Halbzeit stellte Fachs Mannschaft die Harmonie am Bökelberg wieder her. Mit dem Wind im Rücken machte Mönchengladbach Druck. Thomas Broich, der für Markus Hausweiler ins Spiel gekommen war, flankte von links vor den Fünfmeterraum, wo der Hamburger Bastian Reinhardt tölpelig auf Jeff Strasser ablegte. Aus etwa acht Metern donnerte der Luxemburger den Ball ins lange Eck ein. Mönchengladbach hatte nach dem 1:0 sehr leichtes Spiel gegen den überforderten HSV. Trainer Klaus Toppmöller: „Die Tore fielen viel zu einfach.“ Und so sah es aus: Nach einem weiten Abschlag von Torhüter Reitmaier startete Vaclav Sverkos durch und erhöhte auf 2:0. Ein Freistoß von Broich segelte sieben Minuten später, beflügelt vom Wind, von halblinks über HSV-Keeper Sven Wächter ins Tor. Die Harmonie am Bökelberg war damit wieder hergestellt.

In die ganze Glückseligkeit hinein warf Borussia Stürmer Arie van Lent einen skeptischen Blick in die Zukunft – und fragte: „Wieso soll das eine Wende gewesen sein?“ Nächste Woche müsse man schließlich bei Bayern München antreten, danach komme Bayer Leverkusen. Zwei vermutlich weniger willenlose Aufbaugegner. Christiane Mitatselis