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Archiv-Artikel

DAS BUSSGELD GEGEN MICROSOFT IST EIN SIGNAL FÜR DEN FORTSCHRITT Technik braucht Konkurrenz

Die Entscheidung von EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti könnte noch weit über den aktuellen Fall hinaus wirken. Er will dem Softwarehersteller Microsoft eine Buße von 497 Millionen Euro aufbrummen. Zwar hat die Europäische Union noch nie eine Wettbewerbsstrafe dieser Höhe verhängt, schon gar nicht gegen ein außereuropäisches Unternehmen. Trotzdem hat sie ihren Ermessensspielraum keineswegs ausgeschöpft.

Die EU hätte nach ihren eigenen Richtlinien bis zu zehn Prozent vom Jahresumsatz des Softwarekonzerns verlangen können. Das wären etwa drei Milliarden Euro – auch daran lässt sich ermessen, welche Wirtschaftsmacht Microsoft heute ist. Ein Sprecher des Konzerns hat bereits ankündigt, dass er Widerspruch gegen die Entscheidung einlegen wird – allerdings wird es dabei wohl nur um die Höhe des Strafgeldes gehen.

Weit wichtiger als das Maß der Strafe ist aber ihre Begründung. Monti und seine „Beratende Kommission“ sehen das entscheidende Wettbewerbshindernis darin, dass Microsoft die marktbeherrschende Stellung seines Betriebssystems in technischer Hinsicht missbrauche. Eigenschaften des Systems, die für die Funktion anderer Programme wesentlich sind, würden möglichen Konkurrenten nicht zugänglich gemacht. Die Firma Sun Microsystems, Hersteller der Java-Software, weist seit Jahren auf diesen Missstand hin. Auch der Hersteller von Multimedia-Abspielprogrammen „Real“ klagt, sein einst führendes Produkt werde von Microsofts eigenem „Mediaplayer“ nur deshalb verdrängt, weil es die technischen Möglichkeiten des Basissystems nicht im selben Maße ausnutzen könne.

Dass nun ausgerechnet im alten Europa solche über den aktuellen Anlass hinausweisenden Argumente Gehör finden, ist bemerkenswert. Monopolpreise können nun korrigiert werden. Und die EU-Kommission verlangt zu Recht noch mehr: Sie sanktioniert ein Verhalten, dass den technischen Fortschritt schon an der Basis verhindert, in den Entwicklungslabors der Unternehmen.

NIKLAUS HABLÜTZEL