: „Gegen die Ärzte geht gar nichts“
Daniel Rühmkorf, Vizevorsitzender des Vereins Demokratischer Ärztinnen und Ärzte, über die Empörung auf dem Kölner Ärztetag und über Ulla Schmidts Rolle dabei
taz: Herr Rühmkorf, die organisierte Ärzteschaft empört sich v. a. über das von Ulla Schmidt geplante „Zentrum für Qualität in der Medizin“. Warum bloß?
Daniel Rühmkorf: Ärzte sind grundsätzlich der Meinung, dass nur sie wissen, was am besten ist. Eine Mitsprache durch solch ein Institut empfinden sie als unzulässige Reglementierung.
Aber nun sollen doch auch Ärztefunktionäre in den Institutsvorstand …
Ja, das ist der Trend, wo es hingeht. Auch Schmidt hat begriffen, dass sich Reformpolitik nicht gegen den Willen der Ärzte machen lässt. Eine Gesundheitsreform gegen die Ärzteschaft würde zum Zusammenbruch des Gesundheitssystems führen.
Zusammenbruch?
Wenn die Ärzte nicht bei den Sparmaßnahmen mitmachen, dann wird auch nichts gespart.
Die Ärzte regen sich auch über drohende Fortbildungspflicht auf.
Hier haben die Ärzte selbst gemerkt, dass es nicht sein kann, dass jemand 30 Jahre lang praktiziert, ohne den medizinischen Fortschritt mitzuschneiden. Sie haben sich selbst auf Fortbildungmaßnahmen geeinigt. Verblüffenderweise gelang es sogar, deren Zertifizierung davon abhängig zu machen, dass die Pharmaindustrie nicht ihre Finger darin hat. Das ist wahrhaftig ein Fortschritt.
Ulla Schmidt erklärt ihren schlechten Ruf bei der Ärztelobby auch damit, dies seien vor allem lernunfähige Männer.
Das mag ein Grund sein. Allerdings hat sie auch einige handwerkliche Fehler gemacht. Damit bestätigte sie die immer herrschende Vermutung, Gesundheitspolitiker hätten schlicht keine Ahnung. Etwa hat sie eine Verzahnung der ambulanten und stationären Versorgung gefordert, ohne zu beachten, dass niedergelassene und Krankenhausärzte unter anderem deshalb schwer kooperieren, weil sie – staatlich gewollt – ganz unterschiedlich abrechnen.
Glauben die Ärzte, durch harsche Worte und wilde Drohungen auf Ärztetagen ihren eigenen Ruf aufbessern zu können?
Ach wissen Sie, das sind alles Rheinländer, Ärztechef Herr Hoppe ebenso wie die Ministerin. Bei denen wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird, und das wissen die auch voneinander. Womit die Ärzteschaft allerdings wirklich Porzellan zerschlagen hat, waren der unselige Ärztestreik und der unsägliche und überflüssige Sonderärztetag im Winter.
Was soll dieser Ärztetag besser machen?
Ich wünsche mir, dass der Ärztetag es schafft, eine konstruktive Kritik an der Reform insgesamt zu formulieren und nicht nur an den Einzelteilen, die den Geldbeutel der niedergelassenen Ärzte betreffen. Die finanziellen Einschnitte im Gesundheitswesen werden nur die Versicherten und Kranken treffen, nicht aber die Arbeitgeber. Dazu müssten sich die Ärzte positionieren. Ich fürchte allerdings, das wird nicht geschehen. INTERVIEW: UWI