: Gut gelaunte Medizindienstleister
Zur Eröffnung des Ärztetags durfte sich Ministerin Ulla Schmidt freuen: Immerhin keine Pfiffe. Ärztepräsident Hoppe beklagt jedoch, dass ihr Reformgesetz von „Misstrauen und Rationierung“ geprägt sei. Schmidt dagegen sieht gar „keinen Zielkonflikt“
von ULRIKE WINKELMANN
Lag’s an der Tabaksteuer? Jedenfalls bekam Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) gestern zur Eröffnung des 106. Ärztetags ein paar Lacher und einmal Zwischenapplaus. Nicht aber Pfiffe und Buhrufe, was beim angespannten Verhältnis zwischen Gesundheitspolitik und -praxis erwartbar gewesen wäre.
Nein, das „Parlament der Ärzteschaft“, das noch bis Freitag letztmalig in Köln tagt – nächstes Jahr ziehen die Standesvertreter aus Köln nach Berlin um –, war fast gnädig zu der Ministerin. Vielleicht hat das damit zu tun, dass sie die Tabaksteuer um einen Euro pro Schachtel erhöhen und familienpolitische Leistungen wie Mutterschutzgeld nicht mehr von den Kassen, sondern durch Steuern finanzieren lassen will. Schließlich wird beides von Ärzten seit Jahren vorgeschlagen.
Es könnte aber auch sein, dass die Vertreter der Ärzteschaft gemerkt haben, dass sich volle Konfrontation mit Schmidt nicht lohnt. Rings um die Bundestagswahl, als die Ärzteverbände Anti-Schmidt-Anzeigen schalteten, gab es eine kurze Eiszeit. In den vergangenen Monaten jedoch hatte man wieder verhandelt. Dabei war unter anderem eine Schwächung des geplanten Zentrums für Qualität in der Medizin herausgekommen, das nunmehr nur noch „Empfehlungen“ aussprechen, aber keine bindenden Vorgaben machen wird.
Und so klang des Ärztepräsidenten Jörg-Dietrich Hoppes Angebot, das „Gesundheitssystemmodernisierungsgesetz“ (GMG) ein bisschen umzuschreiben, gestern sogar nett: „Wir zwei machen einen neuen Text“, sagte Hoppe zur Ministerin. Denn einen Korruptionsbeauftragten, den bräuchten die Ärzte so wenig wie das Qualitätszentrum.
Insgesamt aber, so klagte Hoppe, sei das Problem des GMG, „dass damit das Misstrauen gegen die Ärzte gesetzlich implementiert werden soll“. Ein „neuer Ärztetypus“ sei im GMG angelegt: „der gelenkte Medizindienstleister“. Dieser sei dazu da, die staatlich vorgegebene „Philosophie der Rationierung von Leistungen“ umzusetzen. Dagegen müssten sich die Ärzte unbedingt wenden, denn nur als „freie“ Ärzte übernähmen sie auch die „Verantwortung“ für ihre Leistungen.
Einmal abgesehen von solchen eher symbolischen Aussagen blieb jedoch auch gestern ein handfester Reformpunkt strittig: Die Ärzteorganisationen wollen verhindern, dass die niedergelassenen Ärzte miteinander um die Verträge mit Krankenkassen konkurrieren müssen.
Genau dies hat Ulla Schmidt jedoch vor. Ihre Reformen zielen darauf ab, dass es Ärztezentren gibt, in denen sich Ärzte zusammenschließen und an den Kassenärztlichen Vereinigungen vorbei mit den Krankenkassen Verträge schließen können. Gleichwohl erklärte Schmidt: „Es gibt keinen fundamentalen Zielkonflikt zwischen Politik und Ärzteschaft.“ Damit erntete sie Raunen.
Ein echtes „Oooooh“ jedoch bekam sie erst für ein Versprechen: Ihr Berater Karl Lauterbach, Lieblings-Buhmann der Ärzteschaft, werde entgegen anders lautenden Gerüchten „sicherlich nicht Leiter des Zentrums für Qualität in der Medizin“. Was selbstverständlich ebenso eine symbolische Aussage war.
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