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Archiv-Artikel

Verblüfftes Gericht

Bremer Rechtsausschuss führt Freilassung eines mutmaßlichen Mörders auf „Schlitzohrigkeit“ zurück

Von hsc

Bremen taz ■ Der mutmaßliche Mörder Florian W. konnte am 12. März ungehindert die Untersuchungshaft verlassen. Grund: Die zuständige Bremer Strafkammer eröffnete nicht innerhalb einer Frist von sechs Monaten den Prozess gegen den Angeklagten. Deswegen erörterte der Bremer Rechtsausschuss gestern die Belastung der Gerichte.

Die Fallzahlen in den Strafkammern sind in den letzten Jahren gesunken und das Personal der Strafjustiz ist nach Angaben vom Justiz-Staatsrat Ulrich Mäurer nicht reduziert worden. Eine Überlastung wurde deshalb vom Rechtsausschuss unisono verneint. Die Gründe, dass Florian W. freigelassen wurde, seien andere. Dabei sprach Mäurer von der „Schlitzohrigkeit des Verteidigers.“ Der habe mit dem Kammervorsitzenden Harald Schmacke Verhandlungstermine ab dem 4. Juni ausgemacht. Fristablauf der Haft war aber bereits der 29. Februar. Schmacke hatte die Terminierung so aufgefasst, dass die Verteidigung einer Haftverlängerung zustimmt. Fälschlicherweise, denn zwei Wochen später verfügte das Oberlandesgerichts die Entlassung des Beschuldigten. Für Schmacke überraschend: „Das ist unglücklich gelaufen. Ich habe mich auf Erfahrungswerte verlassen.“

Der Präsident des Landgerichts, Wolfgang Golasowski, pflichtet dem Richter bei: „Wir waren über den Beschluss der Freilassung verblüfft.“ Insgesamt kamen die Anwesenden aber zu der Einschätzung, dass es sich um einen Einzefall gehandelt habe. Der Prozess gegen W. dagegen werde wie geplant stattfinden. hsc