: Gestylt gegen alte und neue Nazis
Wehrmachtsausstellung: Auschwitz-Überlebende Bejarano klagt vor Verfassungsgericht auf Verbot des heutigen Nazi-Aufmarsches. Kleiderzwang für Ausstellungsbesucher
Es entscheidet sich erst heute, ob die Polizei den Aufmarsch der Neonazis zur Wehrmachtsausstellung am ersten Treff in Stapelfeld zur Umkehr zwingen muss, oder ob die Rechten durch ihr Auftreten Winterhude erneut in Chaos versetzen. „Ich habe das Bundesverfassungsgericht angerufen“, sagte gestern Anwältin Gabriele Heinecke, die im Auftrag der Auschwitz-Überlebenden Esther Bejarano den Marsch wegen Volksverhetzung verbieten lassen will.
Zuvor hatte das Oberverwaltungsgericht (OVG) eine entsprechende Klage abgelehnt, da es „zweifelhaft“ sei, ob Bejarano eine „Klagebefugnis“ habe und eine mögliche „Rechtsverletzung“ nicht durch Auflagen verhindert werden könne. Bejarano klagt, da das Motto „Reemtsma lügt – wir haben gesiegt“ den Inhalt der Ausstellung in Frage stelle und somit Völkermord und Holocaust leugne. Daher fühle sie sich in ihrer Menschenwürde verletzt.
Wenn das Verfassungsgericht den Marsch nicht stoppt, werden auch Ausstellungsbesucher wegen des faktischen Ausnahmezustandes in Winterhude mit Problemen zu kämpfen haben. Weiträumig ums Kampnagelgelände werden ab 7 Uhr 4.000 Polizisten mit Panzerwagen und Wasserwerfern Kontrollstellen einrichten. Nur wer sich als Anwohner ausweisen oder ein Ticket für die Ausstellung vorweisen kann, darf problemlos passieren. „Wenn jemand ‚so-so‘ aussieht, aber eine Eintrittskarte hat, wird er wohl durchgelassen“, so Polizeisprecherin Ulrike Sweden. „Wenn aber jemand ‚so-so‘ aussieht und keine Eintrittskarte hat, wird er abgewiesen.“ Nur wer Outfit-mäßig unverdächtig erscheint, könne ohne Billet zur Ausstellung gelangen: „Das liegt im Ermessen der Beamten an der Absperrung.“
Die Sprecherin des Instituts für Sozialforschung, Regine Klose-Wolf, nennt das „Quatsch“: „Wir haben mit der Polizei vereinbart, dass jeder zu Fuß oder mit dem Bus-Shuttle durchgelassen wird, der zur Ausstellung möchte“, sagt sie. Denn: „Wir haben überhaupt keinen Vorverkauf.“ Der kostenlose Shuttle-Dienst verkehrt vom U-Bahnhof Borgweg. Peter Müller