Stiftung will Geld für NS-Opfer zurück

Die Stiftung IG Farbenindustrie möchte einen Teil des Auslandsvermögens der IG Farben zurück, um Nazi-Opfern zu helfen. Doch ohne die Aktionäre sind keine Ansprüche durchsetzbar. Und die werden für ihre Hilfe Geld haben wollen

„Vor einer Klage muss feststehen, wie viel Geld die Aktionäre und die Opfer bekommen“

von DANIEL SCHULZ

Die Stiftung IG Farbenindustrie will in den USA notfalls klagen lassen, um einen Teil des Auslandsvermögens des Konzerns IG Farben zurückzuerhalten. Dabei geht es nach Matthias Druba, einem Rechtsanwalt, der die Stiftung berät „um eine Summe von 122 Millionen Dollar“.

Die 2001 gegründete Stiftung will mit dem Geld nach eigenen Angaben ehemalige Zwangsarbeiter des NS-Musterkonzerns und KZ-Opfer entschädigen. Für Anwälte fehle bisher das Geld. „Wir hoffen noch, das Ganze durch Verhandlungen zu lösen“, sagte Druba. Volker Pollehn, einer der ehemaligen Liquidatoren der IG Farben und Mitglied des Stiftungsvorstandes, betonte, dass die Bemühungen der Stiftung nicht in Zusammenhang mit der Klage des US-amerikanischen Anwaltes Ed Fagan stehen. Der will für die Aktionäre der IG Farben in Abwicklung eine Summe von 2 Milliarden Euro einklagen. „Damit haben wir nichts zu tun“, sagte Pollehn. Man sei sogar zuversichtlich, Fagan das Mandat entziehen zu können.

Das Geld, das Fagan und auch die Stiftung haben will, ist Teil des Vermögens der schweizerischen IG-Farben-Tochter Interhandel. Geschätzter heutiger Wert der Firma: 2,2 Milliarden Euro. Interhandel war 1959 von der heutigen Großbank UBS geschluckt worden. „Das Geschäft ist nicht ganz sauber gelaufen“, sagte Druba. Daher rühre die Forderung in Höhe von 122 Millionen Dollar.

Um nicht in den Ruch zu kommen, Geld für die IG-Farben-Aktionäre einheimsen zu wollen, lässt sich die Stiftung kritisch beobachten. Von Gerhart Baum, Berater der russischen Zwangsarbeiterstiftung, und Ernst Ludwig Ehrlich, dem Ehren-Vizepräsidenten der jüdischen Hilfsorganisation B’nai B’rith. Diese Organisation, die sich vor allem auf Hilfe für KZ-Opfer in Osteuropa spezialisiert hat, wäre auch einer der bevorzugten Partner der Stiftung. Beide sagten, sie begrüßten das Konzept der Stiftung. „Allerdings muss vor einer Klage festgelegt werden, wie viel Geld die Opfer bekommen und wie viel die Aktionäre“, sagte Baum. Denn: ohne Aktionäre kein Geld.

„Wir glauben, dass wir von der Großbank UBS 122 Millionen Dollar bekommen können“

Einen rechtlichen Anspruch auf das IG-Farben-Vermögen hat nämlich nicht die Stiftung, sondern nur die IG Farben in Auflösung und eine Kölner Aktionärsvereinigung, der seit den 80-ern der größte Teil der IG-Farben-Ansprüche gehören. Diese Vereinigung wurde aber vor Jahren aus dem Vereinsregister gestrichen und muss nun reaktiviert werden. „Außerdem muss das Amtsgericht Köln einen neuen Rechtspfleger bestellen“, sagte Druba. Mit dem könne man sich dann auch über die Vertretung der Stiftungsforderungen durch die Vereinigung in den USA unterhalten.

Ehemalige Zwangsarbeiter der IG Farben forderten gestern, ihnen alles Geld, das die IG Farben in Auflösung und die Stiftung besitzen, auszuzahlen. In dem Aufruf heißt es: „Wir sind die rechtmäßigen Gläubiger der IG Farbenindustrie!“