: Altpapier soll Kommunen entlasten
Kommunen machen mittlerweile Geld mit dem Altpapier ihrer Bürger. Die Entsorgung von alten Zeitungen, die vor Jahren noch Geld kostete, entlastet mittlerweile in Millionenhöhe so manchen Haushalt in den Kommunen
RUHR taz ■ Weil die Städte in Nordrhein-Westfalen momentan unter schlechten wirtschaftlichen Bedingungen leiden, werden sie in ihrer Not erfinderisch. Anfang des Jahres haben die Kreise und Kommunen die Selbstvermarktung ihres Altpapiers entdeckt, denn die Marktpreise für den Sekundärrohstoff sind hoch.
Pro Tonne Altpapier erlöse sein Kreis jetzt dank eines neuen Vertrages 17 Euro, sagt Hans-Jürgen Serwe, Umweltdezernent des Kreises Mettmann. In den beiden Jahren zuvor habe der Kreis noch 13 Euro für die Entsorgung des Sekundärrohstoffes zuzahlen müssen. Im Kreis Unna führte die Neuverhandlung der Entsorgungs- und Verwertungsverträge beinahe zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen dem Entsorger Rethmann und den kommunalen Vertretern. Der Recyclingriese sammelte bisher im Kreis das Altpapier. In Zukunft will Unna am Rohstoff mitverdienen und selbst vermarkten. Deshalb hielt der Kreis die alten Verträge ab Januar dieses Jahres für ungültig.
Hinter den Vertragsstreitigkeiten steht eine Entscheidung des Bundeskartellamtes über die Behandlung der Altpapierverpackungen mit „grünem Punkt“. Das Kartellamt hatte beanstandet, dass es zwischen den Kommunen und der „Duales System Deutschland GmbH“ (DSD) eine Mustervereinbarung gegeben hatte, die vorsah, dass sich die DSD mit 25 Prozent an der Entsorgung des Altpapiers bei den Kommunen beteiligte. Die Kartellwächter waren der Meinung, dass sich die DSD aus Wettbewerbsgründen selbst um die Entsorgung der Altpapierverpackungen kümmern müsse. Mit dieser Weisung wurden für viele Kommunen die Verträge mit den bisherigen Entsorgern, hinfällig. Schließlich ließen sich mit den alten Zeitungen und Pizzaschachteln gute Preise erzielen.
Daraufhin wiesen die Verantwortlichen im Kreis Unna die betroffenen Kommunen an, dass zusammengeklaubte Altpapier zukünftig zur Sammelstelle in Bönen fahren zu lassen. Dort kam jedoch erstmal nie etwas an, denn der Entsorger pfiff auf die kommunalen Anweisungen. Wenn der Kreis eine andere Vermarktung des Altpapiers wolle, müsse er diese auch europaweit ausschreiben, meinten die Verantwortlichen des Unternehmens. Und so holten sie die kostbare Fracht weiterhin bei den Städten ab und verkauften den Sekundärrohstoff anschließend gewinnbringend.
Vor kurzem konnte die juristische Auseinandersetzung durch einen Kompromiss verhindert werden. Der private Entsorger darf jetzt das Altpapier aus einigen Städten des Kreises selbst vermarkten und karrt die Tonnage aus den restliche Städten des Kreises nach Bönen. Damit sich ein solcher Streit nicht wiederholt, verhandeln die kommunalen Spitzenverbände zur Zeit mit der DSD und den privaten Entsorgern über eine Neuregelung bei der Altpapierentsorgung. Heinz Struszczynski, Pressesprecher der Abfallbeseitigungsgesellschaft Ruhrgebiet mbH (AGR), gibt über den Stand der Verhandlungen aber keine Auskünfte – „dass würde nur die laufenden Verhandlungen gefährden“. ELMAR KOK