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Archiv-Artikel

Faktenwirtschaft

Helmut Markwort darf seit gestern im TV Sachbücher vorstellen. Der Sender nimmt Wechselwirkungen zwischen „Focus“ und 3sat gern in Kauf

VON SILKE BURMESTER

Der Fokus liegt auf Helmut Markwort, Deutschlands dienstältestem Chefredakteur. Als Verantwortlicher von Gong, der Aktuellen oder als Herausgeber von Ein Herz für Tiere war er nicht von wahrer medialer Bedeutung. 1993 kam Focus. Seither steht der Name Markwort für Erfolg.

Doch unter anspruchsvollen Journalisten stößt nicht einmal ein Bild-Chefredakteur auf so viel Ablehnung. Die Ursache mag in der Arroganz liegen, mit der Markwort sein Blatt neben dem Spiegel zu positionieren versuchte, das journalistisch gesehen allenfalls ins Mittelfeld gehört. Oder in dem Häppchenjournalismus, der, durch Focus etabliert, sich wie Pacman durch die Medien frisst. Oder in Markworts Editorials, in denen er die Welt erklärt, als sei er die rechte Hand Gottes. Schuld am allgemeinen Missfallen sind sicher auch die Werbespots, in denen seine Redakteursrunde „Weißes Haus“ spielt und tut, als ginge es um den Einmarsch in den Irak, wenn doch nur Fußpilzsalbe getestet wurde. Es sind die bayerische Selbstherrlichkeit, die der gebürtige Hesse so gern verkörpert, sein Auftritt im 70er-Jahre-Fummelfilmchen und die Tatsache, dass man nicht mehr ungestraft dreimal hintereinander „Ficken“ schreiben darf. Tatsächlich hat Helmut Markwort mit seinem „Nachrichtenmagazin“ eine Veränderung der Medienlandschaft erreicht, die die Medien näher an den Leser rückt, an Qualitätsstandards gemessen, jedoch verhängnisvoll ist.

Nun hat der 67-Jährige eine neue Fernsehsendung. Einmal monatlich wird der Aufsichtsratsvorsitzende von Playboy Deutschland auf 3sat Sachbücher vorstellen (Sonntag, 18.00 Uhr). Die erste Ausgabe von „bookmark“ wurde auf der Leipziger Buchmesse aufgenommen, seine Gesprächspartner sind die Nobelpreisträgerin Christiane Nüsslein-Volhard und Peter Scholl-Latour. Für die Verantwortlichen von 3sat ist die Sendung, in der der Chefredakteur und Geschäftsführer von Focus und Herausgeber von Focus Money „Faktenbücher“ (Markwort) und Ratgeber vorstellt, kein Problem. Die von den Inhalten spürbar begeisterte Redaktionsleiterin Ellen Vest betont die Autarkie. Doch es geht nicht nur um die Unabhängigkeit der Redaktion. Es geht auch um die Wechselwirkung, der ein öffentlich-rechtlicher Sender Raum gibt, wenn der Kopf einer ausgewiesenen Verbraucherzeitschrift Sachbücher vorstellt. Der Zuschauer kommt nicht umhin, eine solche, von Markwort moderierte Sendung mit dem Magazin zu verknüpfen, das montags am Kiosk liegt. Umgekehrt wird der Leser das Heft aufwerten, schließlich darf der Macher sogar im anspruchsvollen 3sat seine Themen vorbringen. Viele, die mit Markwort zu tun hatten, werden nicht müde, zu betonen, was für ein feiner Kerl er sei. Einer, der gar nicht anders könne, als neugierig zu sein, ein Schwamm, der aus Interesse aufsauge, nicht aus Vernichtungswillen.

In einer umstrittenen, doch eindrucksvollen Art hatte Roger Willemsen in „Willemsens Woche“ Mitte der 90er-Jahre Helmut Markwort mit den schlampig recherchierten Veröffentlichungen des Focus konfrontiert und ihn regelrecht vorgeführt. Später sponserte Focus im ZDF das „Literarische Quartett“. Als dort Roger Willemsen eingeladen war, drängte man seitens Focus auf die Ausladung des Gastes.