: berliner szenen Mario Adorf liest
Der Frauenheld
Mit den Autobiografien irgendwelcher Prominenter habe das alles nichts zu tun, sagt der Mann auf der Bühne des Renaissance Theaters, der das Publikum begrüßt. Schließlich sei Mario Adorf nicht irgendwer, sondern einer der erfolgreichsten deutschen Schauspieler. Und auch als Buchautor anerkannt.
Dann tritt Mario Adorf auf die Bühne: Ein stattlicher älterer Mann mit elegantem Anzug und weißem Bart. Ein Seufzen ertönt von der meist weiblichen Zuhörerschaft. Dann liest Adorf aus seinem neuen Buch, das er „Himmel und Erde“ genannt hat. Es geht um sein Leben. Um seine Mutter, die ihn als allein erziehende Näherin durchbringen musste, um seine Kindheit im Krieg, um den Hunger und darum, wie man ein Schwein illegal schlachten konnte. Und es geht um seine Karriere. „Aber so gut wie damals das geklaute Schweinefleisch hat mir nie wieder ein Gericht geschmeckt, auch später nicht bei Eckart Witzigmann“, ruft Mario Adorf und schlägt zur Bekräftigung mit der Faust auf den Tisch. Ein paar ältere Frauen klatschen begeistert und rufen: „Genau! So ist es!“
Adorf blinzelt jetzt befriedigt ins Publikum und liest noch eine Zugabe: Wie er damals als junger Mann in Köln auf der Bühne vergessen habe, seinen Reißverschluss an der Hose zuzuziehen. „Und ich musste frontal zum Publikum einen endlosen Monolog halten“, sagt er. Dann macht er eine Pause. Die Frauen halten den Atem an. „Und ich hatte keine Unterwäsche und keinen Slip an!“ Kichern und Beifall.
Die Lesung ist zu Ende, aber Mario Adorf bleibt auf der Bühne sitzen und gibt noch Autogramme. Die Frauen stehen auf, pressen ihre gekauften Bücher ans Herz und warten geduldig, bis sie drankommen. Die Schlange ist sehr lang. SANDRA LÖHR