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Archiv-Artikel

Der tragische Fall

Der französische Rocksänger Bertrand Cantat ist wegen Totschlags in Vilnius zu acht Jahren Haft verurteilt worden

Ein Gericht heilt keine Wunden: Acht Monate nach dem Tod von Marie Trintignant ist der Sänger Bertrand Cantat nun vor einem Gericht in Vilnius zu acht Jahren Haft wegen Totschlags verurteilt worden. Das Urteil dürfte in Frankreich von mehr Anteilnahme begleitet werden als in Vilnius selbst. Denn im Ausland war der französische Rocksänger weitgehend unbekannt gewesen, bis er durch den tödlichen Streit mit seiner Lebensgefährtin im vergangenen Jahr international Schlagzeilen machte.

In Frankreich hingegen galten Cantat und Trintignant bis zum Juli 2003 als perfektes Künstler-Traumpaar: Der charismatische Sänger der französischen Rockband Noir Désir war mit seiner lyrischen Ader als musikalisches Idol der Antiglobalisierungsbewegung anerkannt, die schöne Marie Trintignant wurde als Tochter aus einer berühmten Schauspielerfamilie bewundert. Die Nachricht vom tödlichen Eifersuchtsdrama in einem Hotelzimmer in Vilnius schickte nicht nur Schockwellen durchs Land, sondern löste auch eine öffentliche Debatte über häusliche Gewalt aus. Einige Magazine zogen Parallelen zum tragischen Fall des Sex-Pistols-Sänger Sid Vicious, der 1979 seine Freundin Nancy Sprungent erstochen haben soll, bevor er sich eine Woche später mit einer Überdosis Heroin das Leben nahm.

Auch Bertrand Cantat war offenbar ein Hang zur Selbstzerstörung und zur Gewalttätigkeit eigen: Vor Gericht in Vilnius hatte er gestanden, seiner Geliebten bei dem Eifersuchtsstreit Ende Juli 2003 vier schwere Ohrfeigen verpasst zu haben, woraufhin sie ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. Fünf Tage später starb Marie Trintignant in Paris, ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu haben. Die Staatsanwaltschaft in Vilnius hatte dafür neun Jahre Haft gefordert.

Wie sein Anwalt ankündigte, wird Bertrand Cantat wohl gegen das Urteil in Berufung gehen. Das Gericht habe schließlich „anerkannt, dass Cantat den Tod von Marie Trintignant nicht wollte“. Bei den Angehörigen Trintignants entschuldigte sich Cantat erneut. Doch damit darf er wohl kaum auf Versöhnung hoffen: Nadine Trintignant, die Mutter des Opfers, war im Herbst mit einem Buch über ihre Tochter an die Öffentlichkeit gegangen, in dem sie Bertrand Cantat gleich mehrfach als „Mörder“ bezeichnet hatte. DANIEL BAX