: Es geht um den Schweiß
Zwei Hamburger Jungs, die zu Überfliegern der Clubszene wurden und jetzt auf Stromgitarren machen: „Kid Alex“
Kid Alex sind die entspannteste Band der Welt. Es ist Montagabend in dem kleinen, mit Instrumenten zugestellten Proberaum neben dem Kiez. Die Jungs haben noch zwei Tage Zeit für letzte Vorbereitungen zu ihrer Deutschlandtournee. Für Alex Ridha und Andreas Meid, das zweiköpfige Produzentengespann Kid Alex, und ihre mehrköpfige Liveband The Sickboys ist es die erste Tournee dieser Art. Doch sie sind die Ruhe selbst.
Alex Ridha und Andreas Meid kamen eigentlich aus klassischen Elektro-DJ-Mischpult-Gefilden, bevor sie Ende letzten Jahres mit der smart groovenden Single „Young Love (Topless)“ zum coolen Clubüberflieger gerieten. Ein Zufallserfolg – weil die Sängerin nicht im Studio erschien, stellte sich Alex selbst hin und sang so eigentümlich nasal wie lässig, dass der Song zum Dancehit avanciert. Hoppla!
Die zweite Auskoppelung „Fame“ aus ihrem Debütalbum Colorz stiftet mit harten Stromgitarren leichte Verwirrung in der Elektrogemeinde. Auch hier stand ein „Notnagel“ am Mikrofon, das hawaiische Model Kimo Green, der zu der Zeit bei Alex wohnte. Eine fette Nummer. Sein Soloalbum ist in Arbeit. Andere Tracks des hervorragenden Albums wie „Stereo“ werden unter TV-Reportagen gelegt – und klingen dort bereits verdächtig nach Klassiker.
Jetzt sitzen die beiden im Proberaum und lächeln. Ein kleines Gerät – Loops, Schleifen, höchst praktisch und so – sei defekt, grübelt Alex Ridha. „Na ja, kann ich mich halt nicht vorbereiten.“ Er sieht genauso aus, wie man sich einen globetrottenden, blutjungen DJ vorstellt, der in der genannten Debütsingle singt: „I‘ll take you to a special place / where the girlz are, topless“. Leicht zurückhaltend spricht er in seinem gelben Pulli, fasst dabei gedankenverloren in seine braunen Haare, legt einzelne Strähnen so, dass bloß kein Scheitel entsteht. „I may be young / but not a foolish one“, singt er auch, was sich fast wie eine Kurzbio anhört.
Mit 16 wurde der in Hamburg aufgewachsene Sohn eines irakischen Mathematikers in Kiezklubs als DJ bejubelt, an Wochenenden reist er heute, mit 21, durch die Lande, lässt sich von Discos buchen, die seine Plattentellerkünste schätzen – und die sich an seiner MTV-Hipness ein bisschen wärmen wollen.
Alex Ridha und Andreas Meid wirken wie zwei Sandkastenfreunde, die sich durch die bunte Welt der Musik buddeln. Für die Band Stella basteln sie an neuem Material, und eine Reihe Remixe, etwa für Jam & Spoon, sind fertig. Das Hauptanliegen bleiben aber Kid Alex und die Tournee, auf der es mit Schlagzeug und viel Stromgitarre richtig krachen soll. Rock und Elektro, liegen dazwischen nicht Welten? Der Unterschied sei schwer zu beschreiben, meint Andreas. Er reckt beide Arme, macht das Peacezeichen: So sehe ein DJ aus, der abgeht. Gitarre hingegen sei mehr so: Er fällt auf die Knie, verzieht das Gesicht, kreist mit beiden Armen auf einer imaginären Stratocaster. „Es geht um den Schweiß!“ Mehr kann man von den Brettern, die die Welt bedeuten, nicht verstanden haben.
Volker Peschel
Heute, 20 Uhr, Knust