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Archiv-Artikel

Das Geld für 2005 ist schon weg

SPD-Fraktion will heute im Koalitionsausschuss durchsetzen, dass für Investitionsmittel schärfere Kriterien gelten. Denn das Geld bis 2010 ist schon zu 80 Prozent verplant oder weg, sagt SPD-Fraktionschef Jens Böhrnsen

Bremen taz ■ Wenn heute Vormittag der Senat zusammenkommt, dann hat er ein ganz ungewöhnliches Problem: Es gibt Geld zu verteilen. 1,28 Millionen Euro bekommt die Stadt Bremen, weil die Städtereklame, die heute „Deutsche Städte Medien GmbH“ (DSM) heißt, privatisiert worden ist und damit auch die Gesellschafteranteile Bremens verkauft wurden. Nur was tun mit dem Geldsegen? Der Bausenator hatte eine Idee: Das auf mehrere Jahre gestreckte Fest zum 200-jährigen Bestehen der Bremer Wallanlagen hat in diesem Jahr Finanzierungsprobleme. Im kommenden Jahr müsste die Feier gar ausfallen, wenn nicht von irgendwoher Geld kommt. Eckhoffs Vorschlag: Der größere Teil der DSM-Verkaufserlöse könnte für eine Veranstaltung und die „Bremer FreiNacht“ 2005 zurückgelegt werden.

Die Sache hätte schon am 16. März beschlossen werden sollen, aber die SPD-Fraktion hat Hemmungen, Geld mal eben für Parties auszugeben, wenn gleichzeitig tagelange Sparrunden stattfinden. Seit Monaten fordert die SPD-Fraktion, dass das Finanzressort konkrete Zahlen darüber vorlegt, wie weit die Investitions-Spielräume für die kommenden zehn Jahre schon verplant oder sogar ausgegeben sind. Unter dem wohl klingenden Namen „Kapitaldienstfonds“ hat der Senat die Möglichkeit, jetzt Projekte zu finanzieren, die mit Zins und Zinsenszins erst in späteren Jahren im Haushalt auftauchen. Heute Nachmittag vor dem Koalitionsausschuss wird die bittere Wahrheit auf den Tisch kommen: In den Jahren 2004 und 2005 sind die Investitionsmittel schon vollkommen ausgeschöpft. In den Jahren 2006 bis 2010 sind 80 Prozent ausgeschöpft, für die Jahre 2011 bis 2014 sind 20 Prozent des Investitionsvolumens von jährlich rund 250 Millionen Euro verbindlich verplant oder wie im Falle der Häfeninvestitionen ausgegeben.

Die SPD-Fraktion will nun endlich durchsetzen, dass dieser Vorgriff auf das Geld zukünftiger Jahre begrenzt wird. Jeder Euro, der investiert wird, muss als Neuverschuldung bei den Banken abgeholt werden, denn aus seinen Einnahmen könnte sich Bremen keine Investition leisten. „Die Parlamente und die Politiker in zehn Jahren müssen doch sagen können: Es war richtig, dass damals unsere Investitionsmittel schon ausgegeben wurden“, sagt Jens Böhrnsen, Fraktionschef der SPD. Nur nach diesem Kriterium dürfe heute auf diese Gelder zugegriffen werden.

Beispiel Gewerbeflächenerschließung: Nach dem gültigen Flächenprogramm sollen zwischen 2005 und 2010 insgesamt 358 Millionen Euro dafür ausgegeben werden. Angesichts der Marktlage und der Konjunktur könnten auch 258 Millionen reichen, sagt Böhrnsen. Auch die 45 Millionen für die Verkehrsanbindung der „Überseestadt“ an das Faulenquartier könne warten. Beim Innenstadt-Programm, für das der Bausenator auf 125 Millionen Euro aus den Jahren 2011 folgende zugreifen will, müsse die City nicht mit 73 Millionen Euro ganz so reichlich bedient werden. Die City hatte 100 Millionen Euro Subvention bekommen als vorsorgliche Hilfe gegen die Konkurrenz des Einkaufszentrums Space Park, das es nicht gibt. Und muss die Stadt die Glasüberdachung an der „Breiten Straße“ in Vegesack bezahlen? 2,85 Millionen Euro könnten da gespart werden, sagt Böhrnsen.

Ausgerechnet der frühere Finanzsenator Hartmut Perschau (CDU) ist der Widerpart der SPD-Fraktion, wenn es um die sparsame Verwaltung der Investitions-gelder geht. Der habe eine gehörige Portion „Ressortegoismus“ entwickelt nach seinem Ausscheiden aus dem Amt des Finanzsenators, stellt Böhrnsen bitter fest, und sei an einer verantwortungsbewussten, vorsichtigen Finanzpolitik „nicht sehr interessiert“. Klaus Wolschner