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Archiv-Artikel

Irakische Geschäfte im Angebot

Minister aus Irak werben in Berlin um deutsche Investoren – und entschuldigen sich für die Dominanz der US-Unternehmen. Die Sicherheitslage bleibe zwar schwierig, das wirtschaftliche Potenzial sei aber enorm. Bundesregierung äußert sich verhalten

AUS BERLIN STEFFEN GRIMBERG

Beim Wiederaufbau des Iraks soll die deutsche Wirtschaft spätestens nach dem Ende der US-Verwaltung im Juli eine stärkere Rolle übernehmen. „Deutsche Unternehmen müssen sich jetzt darauf vorbereiten, bald ins Land zu kommen“, sagte der stellvertretende irakische Handelsminister Musab Alkateeb gestern bei der ersten Deutsch-Irakischen Wirtschaftskonferenz nach dem Ende des Saddam-Regimes.

In vielen Wirtschaftsbereichen des Landes herrsche heute ein „Vakuum“, das trotz der unsicheren Lage und täglicher Terrorangriffe dringend gefüllt werden müsste. „Im Irak gibt es große Erwartungen, was Kooperationen mit Deutschland betrifft“, so Alkateeb. Deutschland und Irak müssten an ihre früheren guten Wirtschaftsbeziehungen anknüpfen und sollten sich von der „heutigen Situation unter dem Besatzungsregime“ nicht entmutigen lassen.

Indirekte Kritik an der Wirtschaftspolitik der US-Verwaltung im Irak, die einseitig amerikanische Unternehmen bevorzugt, zog sich durch viele Statements bei der auf zwei Tage angelegten Konferenz, die vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHT), der Federation of Iraqi Chambers of Commerce (FICC) und der Nordafrika-Mittelost-Initiative der Deutschen Wirtschaft (NMI) organisiert wurde. „Glauben Sie mir: Als das Regime von Saddam Hussein gestürzt war, hat es uns sehr weh getan, dass es für Deutschland keinen Platz unter der neuen Administration gab“, sagte der irakische Agragminister Abdul Amir al-Abood, der in den 60er-Jahren in Deutschland studiert hatte: „Wir haben Deutschland in guter Erinnerung.“ Zwar sei die gegenwärtige wirtschaftliche Situation desolat (siehe Kasten), „tatsächlich ist der Irak aber ein reiches Land“, warb al-Abood unter Verweis auf die Ölvorräte, den Wasserreichtum und die im Vergleich zu anderen Ländern der Region große landwirtschaftliche Nutzfläche.

Bei so viel netten Worten mochte auch die Bundesregierung nicht zurückstehen: „Ich bin zuversichtlich, dass deutsche Unternehmen eine wichtige Rolle beim wirtschaftlichen Wiederaufbau des Irak spielen werden“, sagte Wirtschafts-Staatssekretär Alfred Tacke (SPD) betont unverbindlich. 2003 betrug der deutsch-irakische Warenverkehr allerdings gerade noch 215 Millionen Euro nach knapp 450 Millionen im Vorkriegsjahr 2002 – ein, so Tacke, nicht eben überraschender Rückgang um rund 50 Prozent. 1988 war dagegen allein der Handel Iraks mit der alten BRD umgerechnet knapp 1 Milliarde Euro wert. „Wir geben uns bei diesen Zahlenvergleichen keine Illusionen hin: Es wird ein langer Weg sein, solche Werte wieder zu erreichen“, sagte Tacke. Die Bundesregierung werde sich außerdem im Pariser Club dafür einsetzen, „einen substanziellen Beitrag zur Entschuldung“ Iraks zu leisten. Zu „gegebener Zeit“ könne auch über Hermes-Bürgschaften nachgedacht werden.

Ausländische Investitionen, unter dem Saddam-Regime ausschließlich regierungsgesteuert bei Staatsunternehmen toleriert, sind seit Inkrafttreten der neuen Wirtschaftsgesetze vom September 2003 uneingeschränkt möglich. Ausländer sind irakischen Investoren gleichgestellt, können irakische Betriebe komplett übernehmen und genießen vollständige finanzielle Freizügigkeit. Zudem sind alle Projekte für fünf Jahre von Zöllen und Steuern befreit. Ausnahmen gibt es allerdings im Erdöl- und Bankensektor. Die von der US-Verwaltung im Herbst 2003 erlassenen Gesetze zielen auf eine aggressive Privatisierung der bisherigen Staatsbetriebe und bleiben auch nach dem 1. Juli in Kraft.

Hauptproblem für jedes Engagement im Irak bleibt aber die instabile Lage im Land. Das bekam auch die Konferenz ganz direkt zu spüren: Handelsminister Ali Alawi musste noch vor Beginn wieder nach Bagdad zurück, weil er zum Verteidigungsminister der Zivilverwaltung unter US-Administrator Paul Bremer ernannt worden war.