: Frachtenluftschiff mutiert zur Waffe
EADS ist an der Leichter-als-Luft-Technologie des insolventen brandenburgischen Luftschiffbauers CargoLifter interessiert. Der europäische Rüstungs- und Luftfahrtkonzern will sie nutzen, um Plattformen für den militärischen Einsatz zu bauen
VON DANIEL SCHULZ
Nun könnte das ökologisch korrekte Luftschiff doch vor allem dem Militär nutzen: Das brandenburgische Wirtschaftsministerium verhandelt mit der Bremer Space Transportations über die Patente des in Konkurs gegangenen Luftschiffbauers CargoLifter. Der europäische Rüstungskonzern European Aeronautic Defence and Space Company (EADS), zu dem die Space Transportations gehört, bestätigte die Einladung zu Gesprächen. „Und wir werden diese Einladung auch annehmen“, sagte EADS-Sprecher Siegfried Monser der taz. Auch Rolf-Dieter Mönning, Insolvenzverwalter von CargoLifter, erklärte, dass ein Treffen geplant sei. Im brandenburgischen Wirtschaftsministerium wollte sich niemand zu dem Thema äußern.
Laut einem der taz vorliegenden internen Insolvenzpapier soll es bei den Gesprächen um schwebende Beobachtungs- und Kommunikationsplattformen für militärische Zwecke gehen. Die Plattformen könnten als Relais für Funkverbindungen dienen oder per Sensoren Landstriche für militärische Operationen überwachen. Zusammen mit der EADS will das Wirtschaftsministerium prüfen, ob „die Voraussetzungen für die Entwicklung hoch fliegender Plattformen als Transmitter für Telekommunikationsformen“ gegeben sind. Ein ähnliches Projekt plant auch die Regierung der USA, allerdings mit einem US-amerikanischen Flugzeugkonzern.
Um wie viel Geld es bei der Zusammenarbeit geht, steht derzeit noch nicht fest. „Aber die Landesregierung sollte wirklich stark überlegen ob sie bei einer solchen Chance knausrig sein kann“, sagt Mönning.
Anlagen von CargoLifter wird die EADS nicht übernehmen. „So etwas ist ausgeschlossen“, so Sprecher Monser. Sein Konzern sei allein an der Air Brand GmbH interessiert – dort hat Insolvenzverwalter Mönning die Rechte an der von CargoLifter-Forschern ausgetüftelten Technologie zusammengefasst. Von der Hardware zum Produzieren von Luftschiffen ist kaum noch etwas übrig: In die Halle im brandenburgischen Brand, wo die CargoLifter-Zeppeline gebaut werden sollten, zieht der Tropenpark eines malaysischen Investors ein. Büromaterial und zwei kleine Zeppeline wurden versteigert. Schneidetische und anderes spezielles Werkzeug musste weggeworfen werden – für Luftschiffe gibt es auf dem Weltmarkt derzeit wenig Bedarf.
Anders sieht das die Initiative „Zukunft in Brand“. Die möchte Mönning „lieber gestern als heute loswerden“, wie Andreas Eichler, Sprecher der Initiative, sagt. Er ist immer noch überzeugt, dass Luftschiffe in Brand gebaut werden sollen. Mönnig habe CargoLifter verraten und den Zeppelinbau in Brandenburg unmöglich gemacht. „Er zerschlägt die Firma“, so Eichler. Außerdem arbeite er unseriös: „Wir haben Anrufe von vielen und großen Kanzleien, die alle sagen, dass Herr Mönning sein gutes Ansehen zu Unrecht genießt.“ Öffentlich wollten sich die Kritiker aber nicht äußern.
Dazu passt, das in Zeitungen verbreitet wurde, Mönning würde für den Verkauf der Tropenhalle an die Malaysier Provisionen kassieren. Das stellte sich allerdings als Übersetzungsfehler heraus. Im Vertrag mit den malaysischen Investoren war von „provision“ die Rede. „Provision clause“ wird mit „Vorbehaltsklausel“ übersetzt. Gemeint war eine einfache Vertragsbestimmung – ähnlich der salvatorischen Klausel in Mietverträgen.
Einen Antrag der Initiative, den Insolvenzberater auszutauschen, hatte das Landgericht Cottbus schon im Februar denn auch zurückgewiesen.
Nicht nur deswegen gibt sich Mönning derzeit ganz entspannt. Einen Markt für Luftschiffe gebe es weltweit nun einmal nicht, das sei zu akzeptieren, meint er. Auch die beiden noch existierenden britischen und amerikanischen Firmen dümpelten „am Rande der Pleite“. „Das Luftschiff ist ein typisch deutscher Traum“, so der Insolvenzverwalter. Es sei schwer, sich mit dem Scheitern abzufinden.