: „Es wird jetzt nötig, Einsätze zu beenden“
SPD-Verteidigungsexperte Bartels fordert Abzug der Bundeswehr aus Kuwait – und ein Rückholrecht fürs Parlament
taz: Herr Bartels, die Bundesregierung will ihr Engagement in Afghanistan ausdehnen. Neuerdings wird sogar über deutsche Soldaten im Irak diskutiert. Wird die Bundeswehr bald zur weltweiten Eingreiftruppe?
Hans-Peter Bartels: Wir sind schon heute in neun Ländern der Erde mit Bundeswehrsoldaten präsent. Viel mehr ist nicht möglich. Es wird jetzt auch nötig sein, an der einen oder anderen Stelle Einsätze zu beenden.
Woran denken Sie?
Zunächst an das ABC-Kontingent in Kuwait. Da hat sich der Auftrag offenkundig erledigt. Die deutschen Spürpanzer und ihre Besatzungen sollten alsbald abgezogen werden.
Auch am Horn von Afrika sind Deutsche im Einsatz. Im Moment patrouillieren dort eine Fregatte, zwei Versorgungsschiffe und Marineflieger. Warum, ist vielen unklar. Bisher hat es keine einzige Erfolgsmeldung gegeben.
Wenn Sie so wollen, ist gerade das ein Erfolg. Unsere Präsenz hat dazu geführt, dass es keinen für Terroristen offenen Seeweg zwischen Pakistan/Afghanistan und Somalia gab. Aber auch dort ist die Gefahr jetzt nicht mehr so groß. Mit der beginnenden Stabilisierung in Afghanistan und der US-Kontrolle über den Irak kann die Überwachung der Seewege vielleicht mit geringerer Intensität betrieben werden.
Um Kräfte freizumachen für neue Einsatzgebiete?
Es kann jedenfalls nicht sein, dass nur neue Anforderungen dazukommen, ohne dass die alten überprüft werden.
Erschweren Sie nicht gerade selbst eine solche Überprüfung? Mit dem geplanten „Entsendegesetz“ sollen Auslandseinsätze doch künftig unbefristet mandatiert werden.
In dieser Diskussion ist durch extreme Forderungen von Wolfgang Schäuble ein falscher Eindruck entstanden. Uns Sozialdemokraten geht es nicht um weniger Parlamentskontrolle, sondern um Präzisierung der Parlamentsbeteiligung und die Aufhellung von rechtlichen Grauzonen. Bisher mussten etliche Mandate immer wieder verlängert werden. Das waren oft große Verfahren, manchmal mit Sondersitzungen, auch wenn es um relative Selbstverständlichkeiten wie den weiteren Einsatz in Mazedonien ging. Deshalb halte ich es für richtig, Mandate im Grundsatz unbefristet zu erteilen.
Dann könnten Abgeordnete nur noch Wünsche äußern – wie den Abzug aus Kuwait –, hätten aber keine Macht mehr.
Im Gegenteil: Für den theoretischen Fall, dass Regierung und Regierungsfraktionen unterschiedlicher Meinung sind, ist in unserem Vorschlag ein eigenes Rückholrecht für das Parlament vorgesehen. Und um Missverständnisse auszuräumen, sollten wir auch besser von einem Parlamentsbeteiligungsgesetz reden.
INTERVIEW: LUKAS WALLRAFF